Krummhübel einst und jetzt

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig

Wenn man der Krummhübler Hauptstraße beim "Golden Frieden", heute heißt das Hotel "Mieszko", noch ein paar Schritte folgt und dann links den Weg Richtung Breitehau einschlägt und sich am Haus "Waldgarten" links hält, kommt man an die Ausläufer des Ortes im Osten. Der Weg wird von schmucken Landhäusern, heute sagen wir wohl Villen, gesäumt. Am Ende des Weges, dort wo unser Weg in den Gehängeweg einmündet steht ein steinfestes Landhaus mit schmucken Holzgiebel. Mächtige Linden befrieden, Wächtern gleich, den Zugang zum Haus. Herrlicher weiter Tales- und Bergesblick.

Das Haus trägt die Nummer 100 von Krummhübel und gehört zu den alten Häusern des Ortes, hier an der Grenze zu Wolfshau.

1783 hat ein Gottlob Benjamin Linke das Grundstück mit dem Haus von einem Johann Gottlieb Exner erworben. Danach folgen bis 1919 weitere vier Besitzer mit Namen Linke. Wahrscheinlich wurde das Haus in natürlicher Erbfolge vom Vater an den Sohn weitergegeben.

1911 vermietet Heinrich Linke, so steht es im Werbe-Prospekt der Gemeinde Krummhübel, 5 Zimmer, 2 Alkoven und 2 Küchen. Balkon und schattiger Garten gehörten mit dazu. Gepriesen wird die ruhige staubfreie Lage und der herrliche Ausblick ins Tal. Milch und Butter im Hause, bedeutete, es wurden Kühe gehalten.

1919 ist ein Förster Eggert als Besitzer erwähnt, aber noch im gleichen Jahr wurde das Anwesen von dem Kunsthandwerker und Altertumsmaler Carl Hampel erworben. Ein Stück Land von Ruhe und Schönheit, geschaffen zum Sinnieren, zum Planen und Schaffen. Gerade wie es so ein Mann braucht, der in allerhand Kunstwerk ein eigenes schöpferisches Werken vollbringt.

Von Geburt an oder im frühen Kindesalter hat Carl Hampel seine geraden Glieder verloren. Das Missgestaltete gehörte so ganz zum alten Hampel, genauso wie die klugen, lebenssprühenden Augen. Die Stürme des Lebens hatten ihn arg mitgespielt, bis er hier oben eine Oase der Ruhe fand. Missgeschick im Planen, hartherzige Verständnislosigkeit brachten ihn um Haus und Hof, machten ihn bettelarm, aber nicht mutlos. Er nahm den Kampf auf und fand in der Arbeit einen neuen Lebensinhalt.

Damals wurde die neue Hampelbaude gebaut, heute noch eine der schönsten Bergbauden. Was aber die Hampelbaude so behaglich machte, das ist die innere Ausstattung im Holzwerk der Decken, der Holzwandung, des Gestühls und der Malerei. Und das ist das Werk unseres Hampels. Das Werk, mit dem er sich wieder emporgearbeitet hat, indem er sagte: Was gewesen, ist gewesen – ich kann doch etwas und ich haue mich durch!

Wer Bauden- und Bauernkleinkunst kennen lernen will, besucht Hampel in seinem Hause unter den schattigen Linden.

Aus diesen ehemaligen Linkehäusel Nr.100 entstand 1926 ohne jedwede Veränderung die
"Kaffeebaude Nr. 100", mit dem Hausspruch:

"Nach dem Sturme erst erkennt man die Wohltat der Ruhe".

Man brauchte nur sein Heim zu betreten, um zu wissen wes Geistes Kind der Mann war. Durch einen Vorplatz (Terrasse) mit 200 Sitzplätzen wurde ein idyllischer Ausflugs-Ort geschaffen, wie er im Gebirge, man kann sagen in ganz Schlesien, durch die heimatliche Einrichtung, nicht mehr zu finden war.

Ober-Krummhübel – Teil am Gehänge
Kaffeebaude 100 – Haus-Nr. 100

Jedem Gebirgsbesucher wird eine Einkehr in dieser Gaststätte aufs Wärmste empfohlen, dort ist noch ein Stück Alt-Krummhübel erhalten. Tritt man in das Innere des alten Gebirgshäusel, so begrüßt einen der behagliche Flur mit seinen wertvollen Schränken, Pastellbildern Stahl- und Kupferstichen. In der Nähe des Kamin steht die gepolsterte Ruhebank von König Friedrich Wilhelm IV. aus Schloss Erdmannsdorf. Am Trägerbalken steht ein Spruch des Besitzers:

"Mein Schaffen, mein Streben, meine Freude, mein Stolz
Ist mein einfaches Häusel aus kerndeutschen Holz"

Rechts vom Flur ist das Musikzimmer, wo für Unterhaltung verschiedene Instrumente vorhanden sind. Die Wände zieren alte bunt kolorierte Gebirgsbilder und hübsche Silhouetten.

Musikzimmer
Gaststube

Links kommt man in die Gaststube mit schlesischer Einrichtung. Jedes Stück gibt hier Kunde unseres schlesischen Erbes. Gleich anschließend das Stübl mit seinen Kostbarkeiten aus Großmutters Zeiten. Im Glasschrank stehen Gläser und Porzellane von seltener Schönheit und alten Wert, darunter die Wasserflasche mit zwei Gläsern von König Friedrich Wilhelm IV. aus gesponnenem blau-weißen Glas, seltenste Kunstarbeit der damaligen Zeit.

Ähnlich wie zu "Linkes-Zeiten" werden vier Stuben als Unterkunft für Sommer- und Wintergäste angeboten. Ausgestattet mit Warmwasserheizung, Bad, elektrisch Licht und dem Zusatz, gemütlich und behaglich.

Laborantenstübel
Bauernstube

Als Carl Hampel am 31. Juli 1942 fünfundsiebzigjährig gestorben ist, hat das Riesengebirge eine seiner originellsten Persönlichkeiten verloren, so steht es sinngemäß in der Chronik von Krummhübel.

Der Dichter Gerhart Pohl aus Wolfshau hat Carl Hampel in seinem Roman "Die Brüder Wagemann" mit der Figur "des bekannten Bauernmaler und Gastwirt Vinzens Hoser", ein literarisches Denkmal gesetzt.

Er hatte das Glück in Heimaterde beigesetzt zu werden. Das Schicksal von Millionen Vertriebener drei Jahre später ist ihm erspart geblieben. Er hätte einen erneuten Schicksalsschlag ohnehin nicht überlebt.

Carl Hampels Maxime,

Erhalten muss das Alte werden,
Nachahmen soll man alte Kunst,
Dann kann Gemütlichkeit auf Erden,
Zerrinnen nicht in Weltalls Dunst.
Drum´s Altertum bewahr es fest,
In der Familie Zweigen,
Dann wird auch in dem kleinsten Nest,
Der Sinn zur Kunst sich zeigen.

hat sich nicht erfüllt. 1945 wurde sein Haus, wie damals üblich, unter polnischer Verwaltung geplündert. Seine Schätze wurden in alle Winde verweht, sein Lebenswerk vernichtet.

Als Ferienheim eines sozialistischen Betriebes hat das Haus die kommunistische Ära relativ gut überstanden. Notwendige Reparaturen konnten durchgeführt werden. In der Saison war es immer gut besucht. Bungalows im Garten nahmen zusätzlich Gäste auf. Nach der politischen Wende trat eine gewisse Stagnation ein. Vor kurzem wurde das Haus privatisiert. Ein polnisches Ehepaar hat das Haus erworben und bietet Zimmer mit Verpflegung an.

So erzählte es mir unser Heimatfreund Hans-Eberhardt Pohl, der mit seiner Frau im September 2006 eine kurze Stippvisite da oben machte.

< Home >      < Der Bahnhof >

© Copyright 2007, www.krummhuebel.de.vu / www.riesengebirgler.de