Krummhübel im Herbst 2012

Pfaffenberg-Hirschberg-Schmiedeberg-Quirl / Buchwald-Fischbach

Karl-Heinz Drescher, Leipzig


– Fortsetzung –

Neben der Tourist-Information ist hier das Spielzeugmuseum, aus dem ehemaligen Hotel "Meininger Hof" und die Bibliothek, ehemals am Riesengebirgsheim, untergebracht. Hier besteht auch die Möglichkeit Computer zu nutzen. Es war Freitagnachmittag und fast menschenleer. Ein einziges Auto auf dem Parkplatz und zwei Touristen in der Information. Ein guter Versuch dem lange verwaisten Bahnhof wieder Leben einzuhauchen, aber weit entfernt von den Hotelkomplexen, vielleicht ein gewisses Risiko.

Das nächste Ziel war der Pfaffenberg. Vor einiger Zeit hatte ich die Information erhalten, das das ehemalige Hotel "Schloss Pfaffenberg" wieder geöffnet hat. Der Weg war mir bekannt. An der Buschmühle wies ein Schild mit der Aufschrift "Ksieza Gora" ("Pfaffenberg") auf den Weg, der sich dann serpentinenförmig um den Berg schlängelt, hin. Bereits nach den ersten Metern wurde mir klar, dass die Bezeichnung Weg sehr schmeichelhaft war. Aufgrund der geringen Breite kamen mir schon erhebliche Bedenken, was passiert wenn es Gegenverkehr gibt. Links die Bergwand und rechts der Steilhang. Im oberen Bereich wurde der Weg jedoch etwas breiter, auch hatte man in Abständen am Hang Erde abgetragen, so dass ein Gegenverkehr möglich wäre. Es gab jedoch keinen Gegenverkehr und durch ein geöffnetes schmiedeeisernes Tor erreichte ich den kleinen Parkplatz. Nach der politischen Wende war ich schon zweimal zu Fuß bis ans Tor gekommen. Damals bestand es aus Stahlplatten und war mit Kette und Schloss gesichert. Am oberen Abschluss und auf den angrenzenden Mauern gab es noch Stacheldraht. Die Stahlplatten waren so dicht, das man auch keinen Blick ins Innere werfen konnte. Heute war alles anders. Nach wenigen Metern war die obere Plattform, wo das im Schweizer Stil erbaute Hotel mit Restaurant stand, erreicht. Zum ersten Mal konnte ich die Gebäude aus nächster Nähe in Augenschein nehmen. Es war schon ein erhabenes Gefühl hier oben zu stehen, auf jenem Berg, der mich vor ca. 66 Jahren vom Anblick her auf dem Weg zum Kindergarten im Augustabad und zur Schule begleitet hat.

Das Haus war verschlossen. Keine Menschenseele anwesend. Tische und Sonnenschirme auf der Terrasse, aber auch eingedeckte Tische im Restaurant, wie ich durch einen Blick durchs Fenster sehen konnte, zeugten davon, dass das Restaurant schon einmal geöffnet hatte.

Meine erhaltenen Informationen stammten aus der Zeitschrift "Schlesien heute". Meine Schulfreundin Marianne Walter, verheiratete Sykor, aus Krummhübel-Birkigt, hatte mir zum Heimattreffen in Braunlage diese Zeitschrift mitgebracht und mich auf einen Artikel über den Pfaffenberg aufmerksam gemacht.

Eine Iza Liwacz hat dort auf Seite 34 einen Beitrag über diesen Berg und das Hotel geschrieben. Wir erfahren das Herr Aniol, ein Unternehmer aus Giersdorf / Podgorzyn die Gebäude gekauft hat und sie nun nach und nach ausbauen wird. Der Weg bis zur endgültigen Fertigstellung ist noch lang aber schon jetzt kann man auf der Terrasse eine Tasse Kaffee bestellen und im nahegelegenen Buchengästehaus stehen schon Zimmer für Gäste zur Verfügung. Geplant ist auch die Instandsetzung der Parkanlage und der anderen Objekte, die sich auf dem Hotelgelände befinden.

Dann beschäftigt sie sich mit den historischen Wurzeln, also mit deutscher Geschichte. Sie berichtet über den ehemaligen Besitzern Dr. Kaselowski und Pergler von Perglas, das aus dem Letzteren statt eines Barons nun ein Graf geworden ist und das der Berg bereits im "Wallonenbuch von Trautenau", statt im "Walenbuch von Trautenau", welches sich im Museum von Hohenelbe befindet, erwähnt wurde mag noch hinnehmbar sein, man könnte es auch als Lapsus gelten lassen.

Dann aber kommt sozusagen der Hammer, wie man so schön im Volksmund sagt. Ich zitiere: "Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges diente das prächtige Gebäude als Residenz, wo Hermann Göring, der Reichsmarschall des "Dritten Reiches" häufig zu Gast war. Die Tatsache, dass auf dem Pfaffenberg nationalsozialistische Größen, u.a. auch Hitler zu Gast waren, war in aller Munde. Oft kamen streng bewachte Luxuskarossen in der Heimlichkeit der Nacht. Welche Entscheidungen an diesem geschützten Ort getroffen wurden, werden wir wahrscheinlich nie erfahren, es sei denn, die Unterlagen der damaligen geheimen Treffen würden noch gefunden".

Nun die Quintessenz der kuriosen Geschichte. Unterlagen gibt es nicht. Goethes Worte aus dem Faust: "Denn, was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen" zählen bei Iza Liwacz nicht, stattdessen irgendwelche Vermutungen aus verschiedenen Mündern. Wem gehörten die Münder. Waren es Polnische, die erst nach 1945 in diese Gegend kamen oder waren es Deutsche die im Umfeld des Pfaffenberges gewohnt haben und als Zeitzeugen in Betracht hätten kommen können. Nur die Autorin kann es wissen, aber sie sagt es nicht.

Über deutsche Geschichte in dieser NS-Zeit wird sie auch nicht viel wissen, denn wenn schon keine Zeitzeugen benannt werden können müsste logisches Denken einsetzen, etwa in der Art: Wie reisten die genannten NS-Größen? Kamen sie in allein, nur in Begleitung eines Schofförs, einer Sekretärin oder Mitarbeiters. Hitler hatte eine Leibstandarte zum Schutz, bei Göring war es nicht viel anders. Selbst wenn nur einige dieser, heute sagt man Personenschützer, dabei waren, wie hätte man sie untergebracht. 1941 wurden laut Reiseführer Grieben in der Schlosspension 11 Betten angeboten. Entscheidungen wurden auch getroffen, also waren noch mehr Personen anwesend. Sie kamen auch noch in Karossen. Der Parkplatz war damals nicht größer als heute. Wo standen sie in all dieser Zeit.

Am Fuße des Berges war auch kaum Platz. Die Hotels und Pensionen in Krummhübel dienten als Lazarette, Erholungsheime der Wehrmacht und als Unterkünfte der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes. Hätte man doch Räume im Ort belegt, zumindest mit der Geheimhaltung wäre es vorbeigewesen. Unter den polnischen Einwohnern von Karpacz / Krummhübel kursieren auch Gerüchte das Berghotel "Teichmannbaude" wäre eine Jagdresidenz von Göring gewesen. Man stelle sich den dickleibigen Göring auf der Pirsch nach Rotwild an den Hängen des Melzergrundes vor, ein Unding. Göring hatte sein Jagdgebiet in der Schorfheide, wo schon der Kaiser jagte und Hitler traf seine Entscheidungen außerhalb der Wolfsschanze oder in Berlin, auf dem Obersalzberg.

Im Zusammenhang mit meinem Beitrag "Das AA im Riesengebirge", veröffentlicht in der "Schlesischen Bergwacht" in den Monaten August bis Oktober im Jahr 2009 und im Internet unter Krummhübel bei www.riesengebirgler.de habe ich in einem Zeitraum von vielleicht drei Jahren Dutzende Zeitzeugen aus Krummhübel und Umgebung befragt und kann definitiv sagen, weder Hitler noch Göring waren auf dem Pfaffenberg. Göring war 1936 oder 1937 in der damaligen Teichmannbaude kurze Zeit zu Gast. Darüber berichtete mir mein Freund Hans-Eberhard Pohl, Sohn des letzten Koppenwirtes Heinrich Pohl. Mit Schulfreunden waren sie damals auf umstehende Bäume geklettert um wenigsten einen Blick auf den hohen Gast zu werfen.

Natürlich verkehrten auf dem Pfaffenberg schon NS-Größen. Es war zu jener Zeit als Teile des AA in Krummhübel untergekommen waren.

Diese waren jedoch im Vergleich mit den im Bericht genannten Größen maximal drittrangig. Frau Kallert, allen Krummhüblern wohlbekannt, konnte mir über einige Gäste Auskunft geben, da ihr Vater damals als Delikatessenhändler den Pfaffenberg belieferte. In dem Beitrag über das AA im Riesengebirge habe ich darüber berichtet. Im Unterschied zu dem Beitrag in "Schlesien-Heute" werden aber Namen und auch Quellen genannt. Warum würzt man einen guten, recht informativen Beitrag mit solch vagen Behauptungen, für die es keine schriftlichen Erkenntnisse gibt. Will man den Beitrag oder gar sich selbst interessanter machen? Nur Frau Liwacz kann diese Frage beantworten.

Nach kurzem Aufenthalt auf dem Pfaffenberg ging es dann endlich zum Hotel. Während meine Frau mit dem Auspacken des Reisegepäcks beschäftigt war, nutzte ich die Zeit um mich vom Baufortschritt des Tunnels und der neuen Straße, dem früheren Gehängeweg zu überzeugen. Zwischen Landhaus Gerhard und dem Eingang zum Tunnel hinter dem Landhaus Völkel wird fleißig gearbeitet.

Bis Jahresende sollen Tunnel und Straße freigegeben sein, so das ausgegebene Ziel. Die bisherige Hauptstraße zwischen dem Gerichtskretscham / Bachus und dem Haus Domes / Hotel "Halny“Hotel" am ehemaligen Hentschelberg wird dann Fußgängerzone. Für manchem Heimatfreund vielleicht schwer vorstellbar, in Anbetracht der großen Touristenströme besonders in den Sommermonaten jedoch sinnvoll und der Zeit entsprechend.

Am Schluss konnte ich mir den Tunnelbau aus unmittelbarer Nähe von der Meerganswiese aus betrachten. Man hat wohl einen Graben durch die Wiese ausgehoben und darin dann halbkreisförmige Segmente aus veredeltem Metall aneinander gereiht. Während meiner Betrachtung vor Ort war man dabei den Graben außerhalb der Segmente mit Kies zu verdichten und Matten als Zwischenlage aufzubringen, um sie dann wieder mit Kies zu bedecken. Der Tag neigte sich seinem Ende zu und es wurde Zeit sich den leiblichen Genüssen, sprich dem Abendessen im Hotel hinzugeben.

Am nächsten Tag war Trödeln auf dem Markt in Hirschberg vorgesehen. Wir waren etwas spät dran, da Frühstück erst ab 9.00 Uhr vorgesehen war. In Polen ein ganz normaler Frühstücksbeginn, wie ich schon in vergangenen Jahren öfters feststellen musste. Mit dem Bus ging es über Schmiedeberg in Richtung Bahnhof Hirschberg. Eine Station vor dem Bahnhof steigt man aus und in wenigen Minuten ist man an der Gnadenkirche, wo, wenn man aus dieser Richtung kommt, der Markt beginnt. Auffallend in diesem Jahr die große Anzahl der Händler und der Besucher. Auffällig auch, es wurde zwischen Utensilien, Kunstgegenständen und vielerlei anderen nützlichen oder weniger nützlichen Dingen, sehr viel Brot, Wurst, Schinken, Gemüse usw. angeboten. Alles Artikel die nicht unmittelbar zu einem Antik-und Trödelmarkt gehören. In den Seitenstraßen, die in den vergangenen Jahren auch zum Trödeln genutzt wurden, gab es viele Stände die von Kindern betrieben wurden.

Zusammengefasst kann man feststellen, das Niveau war im Vergleich zu den Vorjahren in etwa gleich. Sammlern aller Genres kamen sicher auf ihre Kosten. Auch ich konnte einige interessante Postkarten für meine Sammlung erwerben. Die Preise dafür ähneln denen auf deutschen Märkten. Die Karten stammen auch nicht unbedingt aus Dachbodenfunden ehemaliger deutscher Häuser. Viele der Händler sind mir von Börsen und Märkte in Deutschland gut bekannt, wo sie als Käufer in Erscheinung treten.

Am Sonntag war bei herrlichem Sonnenschein eine Rundfahrt durch das östliche Riesengebirge vorgesehen. Erstes Ziel war der "Annenhof" zwischen Schmiedeberg und Hohenwiese.

Es war einst die Villa des Rohmetallkaufmannes Theodor Grosser, der diese im toskanischen Stil in einem 6000 qm großen Park, welcher früher zum Anwesen von Schloss Neuhof gehörte, durch den Architekten Ludovici für seine Frau Anna erbauen ließ. Seine Tochter Constanze, verheiratet mit dem Geheimen Oberregierungsrat und Vortragenden Rat im Ministerium für öffentliche Arbeiten Julius Reinhold Stöckardt, hielt sich regelmäßig auf dem Familiensitz in Hohenwiese auf. Hier lernte das Ehepaar 1885 den Dichter Theodor Fontane kennen, der nun häufiger Gast im "Annenhof" war und nahmen wie er am gesellschaftlichen Leben von Schmiedeberg und Krummhübel teil. Der jetzige polnische Besitzer lässt dieses wunderbare Haus aufwendig sanieren und möchte es als Pension betreiben. Im Gebälk des Hauses hat man alte Inschriften gefunden, diese hätte ich mir gern angesehen und auch fotografiert. Leider war das Anwesen, wie bereits im Vorjahr wo ich gleiche Absicht hegte, verschlossen. Freundliche Nachbarn, welche wohl dachten ich suche eine Unterkunft, boten mir an in ihrem Haus zu wohnen. Sie vermuteten, dass das Haus im nächsten Jahr in Betrieb gehen würde.

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