Veröffentlicht in der "Schlesischen
Bergwacht"
Eingereicht von Herrn Karl-Heinz Drescher
von Karl-Heinz Drescher, Leipzig
"Am 1. Juli 1895 schnaufte die erste Eisenbahn über den Schienenstrang, der nunmehr auch Krummhübel und Brückenberg mit der großen Welt verbinden sollte. Festlich war das Dampfroß bekränzt und auch die beiden Wägelchen, aus denen würdige Männer in Gehrock und mit Zylinderhüten schauten. Krummhübel hatte seinen großen Tag: Ein jahrzehntelanger Traum war endlich in Erfüllung gegangen. Nun gab´s Fahnen, Festreden, Blumensträuße und Blasmusik; die Feuerwehr hatte abgesperrt und der Met floß in Strömen…", |
so der Anfang eines Beitrages in der
Chronik von Krummhübel, den Heimatforscher Hans Reitzig unter dem Titel "Liebe
alte Riesengebirgsbahn …" anlässlich ihres 60. Geburtstages 1955 geschrieben
hat.
Ehe dieses Ereignis gefeiert werden konnte war es ein langer, oft auch steiniger
Weg. Spätestens nach Eröffnung der "Secundärbahn"
Hirschberg Schmiedeberg wurden mehrere, oft auch sehr phantastische Pläne
für die weitere Erschließung des Riesengebirges bekannt. Aus den
unzähligen Vorschlägen kristallisierte sich dann 1893 das Projekt
einer Bahn von Zillerthal Erdmannsdorf nach Krummhübel heraus.
Das Projekt wurde natürlich auch von örtlicher Presse begleitet und
kommentiert. Neben der Zeitschrift "Der Gebirgsfreund", aus der vorwiegend
Klaus Christian Kasper in seinem hervorragenden Buch "Die Riesengebirgsbahn
Zillerthal Erdmannsdorf Krummhübel" zitiert, war es
vor allem die Tageszeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge", der seine
Leser umfassend informierte.
Bereits im Frühjahr 1893 wurde berichtet, dass die Firma Landau aus Berlin
um eine Konzession beim Ministerium für den Bau einer Bahn zwischen Zillerthal
und Krummhübel nachgesucht hat.
In einer weiteren Veröffentlichung wird berichtet, dass ein Finanz-Konsortium,
dem Eisenbahn-Direktor a. D. Ströhler vorstand, die Erlaubnis zur Anfertigung
spezieller Vorarbeiten für die gedachte Kleinbahn bis Ende des Jahres erteilt
worden ist.
Nachdem es ein paar Monate sehr ruhig um den Bahnbau geworden war überraschte
dann am 09. März 1894 der "Bote" mit der Nachricht, dass die
Verhandlungen über den notwendigen Grunderwerb für den Streckenbau
beendet sind. Nur bei einigen Tirolern in Zillerthal ergaben sich Schwierigkeiten.
Man hofft aber diese zu lösen. Die neue Linie zweigt sich am Bahnhof Zillerthal
von der Strecke nach Schmiedeberg ab und führt noch vor der Fabrik in Erdmannsdorf
über die Lomnitz. Dann am linken Ufer weiter nach Arnsdorf. Der Bahnbau
wird noch in diesem Sommer erwartet.
Einen Monat später wird berichtet, dass der Bahnbau in Schwierigkeiten
gekommen ist. An der Lomnitz soll wegen der Hochwassergefahr nicht gebaut werden.
Die Trasse wird jetzt weiter bis zur Fabrik und dann auf Arnsdorfer Terrain
führen. Sie führt dann an der Bleiche von Silbermann vorbei, wo eine
Haltestelle geplant ist. Für den Bahnhof ist das Feld östlich des
Gasthauses von Ende in Aussicht genommen. Hinter der evangelischen Kirche wird
die Chaussee nach Krummhübel überschritten und wendet sich der Richter´schen
Papierfabrik in Ober-Arnsdorf zu, wo ebenfalls eine Haltestelle entsteht. Endpunkt
ist dann die Fabrik in Birkigt. Eine Weiterführung nach Krummhübel
ist derzeit nicht möglich, da sich einzelne Grundbesitzer, vorwiegend aus
Querseiffen, gegen eine Weiterführung sträuben.
Dann, am 26. August 1894, kommt von der Direktion der Riesengebirgsbahn-Gesellschaft
die erlösende Nachricht, dass mit dem Bau der Bahnstrecke Zillerthal
Arnsdorf Krummhübel demnächst begonnen wird.
Am Dienstag, dem 16. Oktober 1894, vormittags 10 Uhr, findet der erste Spatenstich
zu dem Bau der Bahn Zillerthal Arnsdorf Krummhübel statt.
Um 1 Uhr gibt es dann in Ende´s Gasthof in Arnsdorf ein Mittagessen für
die Ortsvorstände und Freunde des Bahnbaues.
Der Gemeindevorsteher von Arnsdorf, Herr Feige, brachte auf das Konsortium der
Riesengebirgsbahngesellschaft ein Hoch in seiner Ansprache aus. Besonders würdigte
er den abwesenden Direktor der Gesellschaft Herrn Ströhler aus Berlin und
den anwesenden Vertreter derselben, Herrn Prokurist Fischer aus Hirschberg.
Herr Oberstabsarzt Dr. Ertelt-Arnsdorf toastete auf den technischen Leiter des
Bahnbaues, Herrn Ober-Baumeister Gutmann-Berlin, Herr Dr. Eisner-Arnsdorf auf
Herrn Gemeindevorsteher Feige aus Arnsdorf, da er es verstanden habe die Gemeinde
auch dieses Mal wieder hervorragend zu repräsentieren. Herr Pastor Günther
aus Arnsdorf toastete auf die Gemeinde wegen des inneren und äußeren
Fortschritts. Herr Mauermeister Kahl auf die örtliche Industrie. Herr Gemeindevorsteher
Feige auf Herrn Oberstabsarzt Dr. Ertelt. An den in Berlin weilenden Kommerzienrat
Richter wurde ein Telegramm abgesandt, mit folgenden Inhalt: "Die zur Feier
des ersten Spatenstiches der Riesengebirgsbahn versammelten Festgenossen leeren
auf ihr Wohl ein volles Glas!"
Herr Oberingenieur Georg Guttmann, Leiter des Bahnbaus, aus einem Vortrag, den
er im polytechnischen Verein gehaltenen hat, zitiert wird. Der Vortrag hat folgenden
Inhalt:
"Die Riesengebirgsbahn hat eine Länge von 7101 Meter und durchschneidet die die Gemarkung Zillerthal, Arnsdorf und Krummhübel. Ihren Anfang nimmt sie am Bahnhof Zillerthal und verläuft auf einer Länge von 800 Metern parallel mit der Staatsbahn Zillerthal Schmiedeberg. Danach überschreitet sie die vor der Erdmannsdorfer Flachsgarnspinnerei befindliche Kommunal-Chaussee und läuft von da zwischen den zur Spinnerei gehörenden Arbeiterwohnhäusern hindurch weiter. Oberhalb König´s Gasthof in Zillerthal wird die Chaussee zum zweiten Mal überschritten und verläuft dann parallel zur Chaussee auf der rechten Seite weiter. Der Bahndamm auf Bahnhof Zillerthal liegt 388 Meter über dem Spiegel der Nordsee. Vom Bahnhof Zillerthal an durchläuft die Bahn 1100 Meter mit einer Durchschnittssteigerung von 1:65. Wegen der hinter König´s Hotel Hotel "Zum Zillerthal" Wirtschaftsgarten bestimmten Haltestelle muß dort eine mäßige Steigung von
1:165 eingelegt werden. An dieser Stelle befindet sich die Haltestelle 408
Meter über der Nordsee. Der Höhenunterschied zwischen Zillerthal
und Erdmannsdorf beträgt 18 Meter. Von König´s Haltestelle
bis nach Station 17 steigt das Bahnplanum um 1:65 auf eine Länge von
ca. 600 Metern. Auf dieser bisherigen Länge von 1.700 Metern kommen
zwei kleinere Durchlässe und zwei Überbrückungen der Hirschberger
Wasserleitung vor. In mehreren Krümmungen geht es weiter und dann in
gerader Linie über die Lomnitz. Jetzt befindet sich der Bahndamm 417
Meter über der Nordsee. Danach kommen die beiden Lomnitzbrücken
auf einer Länge von 177 Metern. Die Überbrückung der Lomnitz
ist von größerer Bedeutung. Dieselben bestehen aus einer 20 Meter
langen, mit Eisenkonstruktion versehenden, Hauptbrücke und in einem
Flutdurchlass von 8 Metern Länge. Bahnhof Arnsdorf auf welchen ein Stationsgebäude, Güterschuppen,
Lokomotiv- und Wagenschuppen nebst Reparaturwerkstatt und Wasserstation
vorgesehen ist, hat eine Länge von 250 Metern. Von Bahnhof. Zillerthal
bis hierher sind es 3,5 Km. Papierfabrik von H. Richter in Arnsdorf Das Planum der Haltestelle Birkigt liegt 492 Meter über dem Nordsee-Spiegel. Die Höhendifferenz zwischen Birkigt und Arnsdorf beträgt 61 Meter. Hier kommen wieder zwei Brücken zur Überbrückung von Wasserleitungsrohren vor. Von der Haltestelle Birkigt wird ein Anschlußgleis zur Papierfabrik von W. Franke hergestellt. Papierfabrik W. Franke in Birkigt Es dient der Zufuhr von Kohlen und der Abfuhr
der Erzeugnisse. Der weitere Streckenverlauf auf 600 Meter Länge verläuft
parallel zur Lomnitz und überschreitet sie dann in einem Winkel von
55 Grad. Die Steigung auf dieser letzten Strecke ist schon bedeutend, auch
weil ein Wasserleitungsrohr, aus dem Gebirge kommend und zu Franke führend,
überbrückt werden mußte. Lomnitzbrücke wurde bereits im November vorigen Jahres beendet. Die Fundation ist ähnlich wie in Erdmannsdorf. Auch diese Brücke ist mit Eisenkonstruktion versehen. Auf dem Bahnhof Krummhübel sind ein Stationsgebäude, ein Güterschuppen und eine Sommerhalle vorgesehen. Der Gasthof "Zur Schneekoppe" wird vom Bahnhof aus in 5 Minuten erreicht. Die Gesamtlänge der Riesengebirgsbahn beträgt in der Horizontale gemessen 7101 Meter.
Von dem Bau-Konsortium ist solideste Bauausführung vorgeschrieben. Der Bahnbau ist trotz des Winters fast fertiggestellt. Die Bauausführung wird Garant für die sichere Beförderung des Publikums sein. Nach jetzigem Stand der Bauarbeiten ist davon auszugehen, dass die Strecke bis Birkigt am 15. Mai dem öffentlichen Verkehr übergeben werden kann. Die Strecke von Birkigt nach Krummhübel könnte bis 01. Juni fertig sein." |