Veröffentlicht in der "Schlesischen Bergwacht"
Eingereicht von Herrn Karl-Heinz Drescher

Die „Riesengebirgsbahn“
Zillerthal – Arnsdorf – Krummhübel

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig

– Fortsetzung –

Am 01. Pfingstfeiertag, dem 02. Juni 1895, wurde die Bahnstrecke Zillerthal – Arnsdorf übergeben. Der erste Zug von Zillerthal nach Arnsdorf ging um 5.45 Uhr früh, der zweite um 7.25 Uhr. Am Donnerstag voriger Woche hat die landespolizeiliche Abnahme stattgefunden.

Der Bote schreibt weiter:

"Die Bahn ist eine normalspurige Kleinbahn und führt durch ein geradezu entzückendes Gelände. Die Wagen sind sehr elegant gebaut und laufen ohne störende Schwankungen und Stöße. Große Glasscheiben in den Thüren und Seitenwänden machen den Blick ins Freie von allen Plätzen aus möglich. Die Wagen führen Koupees zweiter und dritter Klasse. Die Züge wurden an beiden Feiertagen von 3.000 Personen benutzt. Der Andrang auf die Bahn wäre noch höher gewesen, wenn die Eröffnung noch zeitiger bekannt gemacht worden wäre."

Es gab aber auch schon einige missliche Zwischenfälle. Am 1. Feiertag abends haben drei junge Leute aus Hirschberg, welche von einem Ausflug aus dem Gebirge kamen, eine Lore, welche neben den Schienen an der Stecke Birkigt – Krummhübel stand, auf die Schienen gehoben und bis Krummhübel geschoben. Dort haben sie sich auf das Wagenunterteil gestellt und sind in sausender Eile hinuntergefahren. Kurz vor Birkigt bemerkten sie nach einer Biegung, dass eine zweite Lore auf den Schienen stand. Zwei der Burschen konnten rechtzeitig abspringen, der dritte aber fuhr mit einer solchen Wucht auf die Lore, dass beide Oberschenkel zerschmettert wurden. Der Verletzte wurde ins Krankenhaus Arnsdorf. Über sein weiteres Befinden ist nichts bekannt.

Wie schon von Hans Reitzig erfahren, wurde dann am 01. Juli 1895 das letzte Teilstück von Birkigt nach Krummhübel eingeweiht.
Der "Bote" schreibt dazu:

"Das war ein großer Jubel, als am 1. Juli 1895 der erste Eisenbahnzug mit den Behörden und anderen geladenen Gästen in dem schön dekorierten Bahnhof einlief und mit einem Tusch empfangen wurde. Ehe man sich zum Hotel "Zur Schneekoppe" von Exner begab wurde ein Teil der Gesellschaft mit der bekränzten Lokomotive und dem Hochgebirge im Hintergrund fotografiert. Beim Festessen in der "Schneekoppe" gab es die üblichen, fast nicht enden wollenden Toaste. Der Regierungspräsident in Liegnitz, Prinz Handjery, telegrafierte aus Berlin.




Hotel "Zur Schneekoppe"

Gegen Abend 9.30 Uhr ging es dann zum Bahnhof, wo im neuen Restaurant, dessen Pächter der Besitzer der Hirschberger "Pilsener Bierhalle", Herr Kunert, ist, ein Abschiedsschoppen eingenommen wurde. Fahrkarten mit der Nr. 1 sind heute dem Redaktions-Museum übergeben worden."

In den amtlichen Mitteilungen konnte man über Betreiber-und Besitzverhältnisse folgendes lesen:

"Von Zillertal – Erdmansdorf zweigte die private Riesengebirgsbahn nach Krummhübel ab. Die Bahn war nur 7 km lang und gehörte der Riesengebirgsbahn GmbH in Berlin. Eröffnung war am 6. Juni 1895, zugelassen für Dampflok, Personen- und Güterverkehr" oder "Die Riesengebirgsbahn GmbH eröffnete am 6. Juni 1895 eine normalspurige Eisenbahn im schlesischen Landkreis Hirschberg, die von der Bahnstrecke Hirschberg – Schmiedeberg im Bahnhof Zillerthal – Erdmannsdorf abzweigt und auf einer 7 km langen Strecke zu dem Wintersportort Krummhübel hinaufführt. Die Betriebsleitung nebst Lokstation und Hauptwerkstatt befinden sich in Arnsdorf in der Streckenmitte. Die Riesengebirgsbahn GmbH ist eine Tochter der Allgemeinen Deutschen Kleinbahn-Gesellschaft."

Der Bahnhof von Krummhübel stand auf Querseiffener Flur und sollte eigentlich weiter oben am Ende der Neuhäuser, unterhalb vom Hotel "Goldener Frieden" stehen. Allein Gustav Exner, der weitsichtige, vor allem aber geschäftstüchtige Besitzer vom Hotel "Zur Schneekoppe", hat in seiner Eigenschaft als Gemeindevorsteher, dieses Vorhaben verhindert. Letztlich sollten die Gäste nach "oben" und damit an seinem Hotels vorbei gehen. Das war auch im Interesse der Hotelbesitzer und Pensionswirte von Nieder-Krummhübel.

Mit Hans Reitzig habe ich begonnen und am Schluss soll er nochmals zu Wort kommen. Sein anfangs erwähnter Beitrag endet in der Chronik von Krummhübel mit den Worten:

"Unsere Väter erzählen oft und gerne von den > guten alten Zeiten <, in denen Vorsteher, Kartenknipser und Gepäckschaltermann eine > selige Drei < ausmachten, und der Knipser an der Sperre die Abfahrtszeiten wesentlich mitzubestimmen hatte, je nachdem … Wie war das doch mit der > Günther Pastern < aus Arnsdorf. Als sie – schon zwei Minuten über die Abfahrtszeit hinaus – in der Aufregung ihre Fahrkarte immer noch nicht finden konnte, rief der Brave seinem Kumpel auf der Maschine zu: > Gustav, loaß ock noch a wing a Doampf oab, inse Frau Pastern koanns Billettl nee finda …< Ach, Du liebe alte Riesengebirgsbahn!"

Nachtrag:

Ab 1905 wurde die Bahn von der Allgemeinen Deutschen Eisenbahn-Betriebs-GmbH betrieben. Die Deutsche Reichsbahn übernahm als Pächter ab 29. Juni 1934 die Strecke der Riesengebirgsbahn. Diese wurde elektrisch u.a. mit Triebwagen der Baureihen ET 87 und ET 89 befahren. Der eigene Fahrzeugpark der Kleinbahn wurde bis auf zwei Spezialwagen abgegeben. Nun verkehrten alle Züge durchgehend ab Hirschberg und sogar Eilzüge von der Provinzhauptstadt Breslau und der Hauptstadt Berlin bis nach Krummhübel.



Elektrischer Triebwagen der Riesengebirgsbahn

Im Jahre 1945 übernahm die Polnische Staatsbahn PKP die Strecke. Die Fahrleitungsanlagen wurden demontiert und wie die noch vorhandenen elektrischen Fahrzeuge als Reparationsleistungen in die Sowjetunion gebracht. Nun kamen wieder Dampfloks zum Einsatz.

1999 wurde dann der Bahnverkehr eingestellt. Es gab ab sofort nur noch Busverkehr.
Am 14.07.1999 bin ich mit der Fahrkarte Nr.0893814 um 9.44 Uhr mit meiner Frau für 6,00 zl von Karpacz / Krummhübel nach Jelenia Gora / Hirschberg gefahren. Es waren immer noch 17 km und die Fahrzeit betrug etwas mehr als 1 Stunde. Damit dürfte ich wohl einer der letzten, wenn nicht sogar der allerletzte Einwohner von Krummhübel gewesen sein, der nach 104 Jahren, seit der Eröffnung, diese Strecke befahren hat.

Im April 2008 wurde aus Karpacz / Krummhübel berichtet, dass die Stadt einen Radweg auf der stillgelegten Trasse plant.

Letzte Meldung:
Vor wenigen Wochen berichtete mir ein Heimatfreund aus Schreiberhau, dass die Strecke wieder betrieben werden sollte. Sein Informant war ein Gebirgsführer aus Szklarska Poreba / Schreiberhau.

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