Der Pfaffenberg
Grenzberg-Wahrzeichen-Mythos?

Karl-Heinz Drescher, Leipzig

– Fortsetzung –

Weit informativer dagegen ist ein Beitrag im "Wanderer des Riesengebirges", den Herr Kawaletz, allen Lesern der Heimatzeitschrift wohlbekannt, gefunden und mir zur Verfügung gestellt hat.
In der Nr. 7 – 8, Seite 112 aus dem Jahr 1939 ist folgendes zu lesen:
"Der Pfaffenberg bei Steinseiffen im Riesengebirge, der als einzigartiger Aussichtspunkt am Fuße der Schneekoppe in früheren Jahrzehnten weit und breit bekannt war, ist wieder ein gern besuchtes Ausflugsziel geworden. Der Aufstieg ist vom Bahnhof Krummhübel in wenigen Minuten zu erreichen. Bis zum Gipfel führt eine mit Auto bequem befahrbare Serpentinenstraße. Der Pfaffenberg ist mit der Besiedlungsgeschichte von Steinseiffen auf das engste verbunden. Seinen Namen trägt er nach dem Steinseiffener Kretschambesitzer Christoph Pfaff, der ihn 1780 von dem Steinseiffener Bauern Chr. Heinr. Hoffmann kaufte. Christoph Pfaff hatte 1739, also vor genau 200 Jahren, den Grundstein zu dem Steinseiffener Gerichtskretscham gelegt, der im nächsten Jahr sein 200jähriges Bestehern feiern wird. 1798 ging der Pfaffenberg in den Besitz von Joh. Gottfr. Exner über, der ihn 1804 an Joh. Gottfr. Büttner weiterverkaufte. Von 1812 bis 1846 gehörte er Chr. Gottl. Finger und hieß in dieser Zeit nach ihm "Fingerberg". In den folgenden dreißig Jahren war er Besitz des Bauern Gansel, von dem ihn 1879 der Steinseiffener Gerichtsscholze Th. Wolf erwarb. Dieser errichtete noch im selben Jahre auf dem Gipfel eine Gastwirtschaft. Nach ihr erhielt der Berg den Namen "Wilhelmshöhe". Ein Name der vielen alten Riesengebirgswanderern noch in Erinnerung ist. Nach vorübergehenden Besitz von Wilh. Bettermann und Ewald Laubner wurde der Berg im Jahre 1895 von Dr. Emil Kaselowsky, der 1897 an Stelle der alten Gastwirtschaft das jetzt neu ausgebaute schloßartige Gebäude erbaute. Später wurde dann eine Umzäunung errichtet und der Berg für die Öffentlichkeit gesperrt. Nun sind nach rund vierzig Jahren seine Pforten wieder geöffnet, nachdem der Berg mit seinem Bau 1937 Eigentum von Frl. Koettig, Dresden, geworden ist".

Auch in der damaligen Tageszeitung "Der Bote aus dem Riesengebirge" bleibt der Pfaffenberg nicht unerwähnt und deckt sich zum Teil mit den bereits erwähnten Besitzern.
Erstmalig erscheint eine Mitteilung am 5. Oktober 1881:

"Am gestrigen tage starb in Krummhübel in Folge eines Schlaganfalls der Ortsrichter Herr Wolf aus Steinseiffen, Besitzer des Restaurants auf dem Pfaffenberge".
Am 7. Juli 1883 die nächste Anzeige:

Pfaffenberg
bei Steinseiffen
Morgen Sonntag
Tanz-Kränzchen
Frische Erdbeerbowle.
Zum Kaffee, sowie selbst-
Gebackenen Napf- und Pfaffenkuchen
Ladet freundlichst ein
R. Wölffel

1883 und in nächsten Jahren ist also ein R. Wölffel Besitzer oder Pächter und das Restaurant ist schon im Schweizer Stil erbaut, wie aus weiteren Anzeigen in den nächsten Jahren hervorgeht: "Schweizerhaus auf dem Pfaffenberge ladet am Sonntag zum Tanz, Wölffl".

Dann gab es wohl einen erneuten Besitzwechsel, denn am 27. Juli 1887 erscheint folgende Anzeige:

"Pfaffenberg bei Krummhübel
Großes Konzert von der Schmiedeberger Stadt- und Bergkapelle. Nach dem
Konzert ist "Bal pare". (Hier vielleicht, lange Nacht mit Tanz d. V.)
Böhm. Rothe".

Wobei zu berücksichtigen ist, dass ein Name den Besitzer und der andere den Kapellmeister bezeichnet. Das Restaurant blieb wohl auch in den nächsten Jahren geöffnet, denn immer wieder wird zu Tanz und anderen Veranstaltungen eingeladen.

Am 16. April 1896 dann die nächste Mitteilung:
"Auf dem Pfaffenberg wird eine Straße gebaut. Das Projekt ist fast zu Ende. Die Leitung hat Herr Tiefbauunternehmer Ortlieb. Von der sogenannten Schneidermühle (später Buschmühle, der Verfasser) aus, verläuft sie serpentinenmäßig bis zum Gipfel. Die Kosten trägt der Besitzer. Gleichzeitig werden Kulturarbeiten (Anpflanzungen d. V.) durchgeführt. Die kahlen Flecken sollen verschwinden.

Im nächsten Jahr, am 7. März 1897, eine weitere Mitteilung:
"Der Pfaffenberg, auch Wilhelmshöh genannt, ist durch Kauf an Herrn Kommerzienrath Kaselowsky aus Berlin übergegangen. Der Berg ist 628 Meter hoch und bietet eine herrliche Rundsicht. Das er nicht so häufig besucht wurde, wie es eigentlich hätte der Fall sein müssen, lag am schlechten Weg. Der neue Besitzer hat nun einen sehr breiten Weg angelegt. Der Berg ist auch schlechten Wanderern nun zugänglich. Das "Schweizerhaus" auf dem Gipfel, in dem sich im Sommer ein Restaurant befand, ist bedeutend erweitert worden, wird aber ausschließlich dem neuen Besitzer als Sommerwohnung dienen".

Hier hat man sich im Boten wohl mit der Jahreszahl 1897, gegenüber 1895 im Wanderer, geirrt, denn in einer späteren Anzeige vom 10. August 1905 steht geschrieben:
"Der Inhaber vom Pfaffenberg, Kaselowsky, feierte den 10jährigen Besitz mit einer großen Feier. Gäste wurden mit dem Automobil vom Bahnhof abgeholt. Die gesamte Jägerkapelle veranstaltete am Nachmittag ein Konzert. Abends erstrahlte das Anwesen im Glanze von mehreren hundert elektr. Lichtern".

Hätte die Jahreszahl des Erwerbs des Pfaffenberges im Boten gestimmt, wären 1905 die zehn Jahre noch nicht um gewesen.

Über die Wohltätigkeit von Dr. Kaselowski hat schon Frau Minna Günther berichtet, hier nun ein weiteres Beispiel:
"Der Inhaber des Pfaffenberges, Ferdinand Kaselowsky, hat den 22 Schülern der ev. Schule, für die anlässlich seiner Hochzeit am 27. Juni 1903 vorgetragenen Gesänge je Schüler ein Sparbuch mit 5 Mark übergeben. In jedem Buch befindet sich die Widmung: "Zur freundlichen Erinnerung an den 27. Juni 1903 auf dem Pfaffenberge, F. Kaselowsky und Frau".
Die Sparbücher bleiben bis zur Konfirmation beim Lehrer".

Die nächsten Aktivitäten auf dem Pfaffenberg sind dem Boten folgende Mitteilungen wert:
"8. Juni 1905 – Auf Kosten von Besitzer f. Kaselowsky wird die Quellwasserleitung nach dem Pfaffenberg gewährt."

"16. August 1906 – Gemeindevertretersitzung. Ein Antrag auf Eingemeindung von Wolfshau wurde abgelehnt. Herrn Kaselowsky auf dem Pfaffenberg wurde ein Springbrunnen genehmigt."

In Vorbereitung des Baus der evangelischen Kirche im Jahr 1908 war Dr. Kaselowsky, neben Pastor Günther aus Arnsdorf und Baron von Rotenhan aus Buchwald, fest im Vorbereitungs-Komitee integriert.
Sein persönliches Geschenk an die Kirchgemeinde waren drei Glocken in Es-Dur, mit einem Gewicht von 26, 13 und 7 Zentnern. Geliefert wurden sie von der Firma Franz Schilling aus Apolda.
In einem Bericht des Boten liest man darüber:
"Nach einem Choral übergab der Stifter der Glocken, Herr Dr. Kaselowsky, diese dem Kirchenbauverein. In einer rührenden Ansprache betonte er, das er diese Glocken dem Andenken an seinen verstorbenen Vater, seiner Mutter und seinem Kind gestiftet habe".

Am 8. Mai 1914 dann eine schockierende Meldung:
"Dr. Kaselowsky verkauft seine Villa mit dem Pfaffenberg an einen Herrn von Natzmer".
Am nächsten Tag erfolgt jedoch ein Dementi.

Nach 1918 konnte man fast einhellig lesen, auch Frau Minna Günther schloss sich diesen Aussagen an:
"Mit dem verlorenen ersten Weltkrieg war die Glanzzeit vorbei und der Pfaffenberg wurde zunächst verpachtet und später verkauft. Die finanziellen Schwierigkeiten zwangen Herrn Dr. Kaselowsky, wieder eine ärztliche Praxis zu eröffnen und er wurde Kurarzt in Bad Warmbrunn."

Dem war aber noch nicht so, wie man aus den "Beiträgen zur Geschichte der evangelischen Pfarrgemeinde Arnsdorf / Rsgb.", herausgegeben von Pfarrer Feige aus Schmiedeberg entnehmen kann, wurde1918 die große und mittlere Glocke der evangelischen Kirche in Krummhübel beschlagnahmt und eingeschmolzen. Herr Dr. Kaselowsky hat sie 1922 erneut gestiftet.

Die Zeit, wo er mit seiner Familie die Sommermonate auf dem Pfaffenberg verbrachte und rauschende Feste feierte, war zwar endgültig vorbei, da er wieder einer geregelten Arbeit als Kurarzt nachgehen musste, aber Berg und Gebäude blieben weiter in seinem Besitz.

Zeitzeugin Frau Glass, geb. Neumann, Jahrgang 1925, damals wohnhaft in der Buschmühle am Fuße des Berges erinnert sich, dass ca. 1935 der Pfaffenberg noch im Besitz von Dr. Kaselowsky war.
Das Pförtnerhaus am Eingang Krummhübel war mit einer Frau Richter besetzt. Sie musste im Schloss Pfaffenberg regelmäßig lüften usw.. Frau Glass hat sie öfter dabei begleitet. Später übernahm Frau Martha Anders diese Aufgabe und wohnte im Pförtnerhaus. Ihr Gatte Paul arbeitete als Klempner.
Das Pförtnerhaus auf der Seite Steinseiffen stand an der Maimühle und war mit einer Frau Petzold besetzt.

1937 wurde der Pfaffenberg mit den dazu gehörenden Gebäuden an ein Fräulein Koettig aus Dresden verkauft. Nächster Besitzer waren Artur und Agnes Pergler von Perglas. Ein konkretes Datum gibt es nicht. Es müsste aber bereits 1938 gewesen sein, da im Frühsommer 1939 Restaurant und Hotel bereits geöffnet war. Über die neuen Besitzer ist recht wenig bekannt. Es wurde erzählt, dass sie aus Dresden kamen und dort eine Tanzschule betrieben haben. Frl. Koettig war auch aus Dresden, es könnte von daher eine Verbindung gegeben haben.
Im Deutschen Adelsblatt von 1883 bis 1945 taucht ein Pergler von Perglas aus Pfaffenberg auf. Vielleicht ist damit der Pfaffenberg gemeint.

Im Frühjahr 1945 flohen die Pergler von Perglas noch vor Eintreffen der Russen nach Düsseldorf. Diese Aussage stammt von Egon Hampel, Jahrgang 1928, aus Steinseiffen. Sein Großvater Wilhelm Kasprizick hatte damals auf dem Pfaffenberg gearbeitet.

Soweit nun der geschichtliche Abriss des Pfaffenberges, wie ich ihn aus den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen herauslesen, aber auch durch Aussagen von Zeitzeugen ergänzen konnte. Er beginnt im Jahre 1780 und endet 1945. Über die Zeit danach wage ich keine Erläuterungen abzugeben, da meine polnischen Sprachkenntnisse ein Studium diesbezüglicher Literatur nicht zulassen. Es gab aber auch eine Zeit von vor 1780 und da ist wenig bekannt. In der Chronik von Rudolf Pradler über Steinseiffen steht geschrieben: "Denn schon 1305 wird der Ort im Einnahme-Verzeichnis des alten Bistums Breslau, der liber fundationid episcopatus Vratislaviensis, item Steynsifen ferto, als selbständiger Ort erwähnt. Bis weit über 1500 hinaus galt dann die Ortsbezeichnung Stynsifen. Weiter schreibt er von einer Überlieferung, die davon berichtet, dass im Jahre 1225 von Schmiedeberger und Steinseiffener Bergknappen eine kleine Kapelle errichtet wurde, die im Jahre 1312 zur späteren katholischen Kirche St. Marien in Schmiedeberg erweitert wurde. In diesen Jahren waren überall im Gebirge Schatzsucher unterwegs, um Edelstein- und Edelmetallvorkommen zu entdecken. Die Kunde vom mineralischen Reichtum des Riesengebirges lockte Prospektoren (ausgebildete Fachleute) als auch Abenteurer aus entfernten Ländern an. Darunter waren auch die berühmten Walen, die ihre Fundstellen verschlüsselt in den Walenbüchern festhielten. Schürforte auf schlesischer Seite waren hauptsächlich der Eulen- und Melzergrund. In der nächsten Umgebung Steinseiffens wurde am Zimmerberg und am Rabenstein geschürft.

Heimatforscher Dr. Hans Reitzig berichtet in seinem Aufsatz "Bergleute, Goldwäscher und Köhler im Reiche Rübezahls", veröffentlicht im "Heemte-glöckla" Nr. 8, vom Oktober 1949: "Die früheste geschichtliche Quelle über den Krummhübler Bergbau ist ein kurzes Schriftstück in der Breslauer Staatsbibliothek vom 8. Oktober 1713. Aus ihm geht hervor, daß 1712 in "Cromhübel und Plagnitz" eine Silbergrube in Betrieb genommen wurde."
Der Pfaffenberg wird von beiden Heimatforschern nicht erwähnt.

In meinem Beitrag in der Heimatzeitschrift im November, "Das Riesengebirge im Herbst 2012", habe ich über den Artikel von Frau Iza Liwacz "Auf der Spitze des Pfaffenberges", veröffentlicht in der Zeitschrift "Schlesien heute", geschrieben.

Neben ihren geschichtlichen Auswüchsen über die Zeit des 2. Weltkrieges hat Frau Liwacz auch über die Frühgeschichte des Berges berichtet:
"Die ältesten historischen Erwähnungen über den Spitzenberg, wie ihn die Bewohner von Steinseiffen und Krummhübel im Mittelalter nannten, stammen aus dem Jahr 1466. In dem "Wallonenbuch von Trautenau" gibt es einen Vermerk über den Berg, als einen wichtigen Wegweiser für die Wallonen, die Schatzsucher im Riesengebirge. Wegen dieser Bergbauarbeiten wurde der Spitzenberg bei den Menschen in der Gegend auch Silberberg genannt. Im Jahre 1750 gründete man in Krummhübel eine Knappschaft namens "Segen Gottes". Die Knappen haben die Erze des Silberberges dann 13 Jahre lang abgebaut."

Diese Erwähnungen über den Berg hören sich sehr plausibel an und könnten der Realität entsprechen. Leider gibt sie auch hier nicht ihre Quellen preis und daher ist der Inhalt wissenschaftlich kaum verwertbar.

Als ich damals den Artikel von Iza Liwacz gelesen habe, dachte ich es handelt sich wohl um eine dieser nachgeborenen Besserwisser, welche über eine vergangene Zeit schreiben, die sie selbst nicht erlebt haben, auch nicht bereit sind aufwendig zu recherchieren, aber ihren Phantasien freien Lauf lassen. Inzwischen bin ich auch im Internet auf sie aufmerksam geworden. Dort wirbt sie mit: "Bergführungen im Riesengebirge, Reiseleitungen in Niederschlesien, Übersetzungen ins Polnische". Bleibt zu hoffen, dass sie sich bei Reiseleitungen und Führungen mehr an die geschichtliche Realität hält, als das bei dem bewussten Artikel der Fall ist.

Eine Quelle nennt uns Frau Liwacz, es ist die Adresse der Webseite des Hotels. Leider kann man sie im ersten Anlauf nicht benutzen, da sie nicht korrekt wieder gegeben wurde. Erst als der erste Teil meines Beitrages schon in der "Schlesischen Bergwacht" veröffentlicht wurde, habe ich mich unter der richtigen Internet-Adresse des Hotels auf dem Pfaffenberg, welche www.ksieza-gora.pl lautet, ein geklickt und mich mit dem Inhalt vertraut gemacht.
Wenn man dann unter "Über Hotel" und "Geschichte" sich informiert, stellt man überraschend fest, entweder hat Frau Liwacz die Seite für Herrn Aniol gestaltet oder sie hat schlicht und einfach bei ihm abgeschrieben. Manche Sätze sind leicht verändert. Heißt es bei ihr: "Die Tatsache, dass auf dem Pfaffenberg nationalsozialistische Größen, u.a. auch Hitler zu Gast waren, war in aller Munde," liest man bei Herrn Aniol: "Dass in der Villa auf dem Pfaffenberg die wichtigsten deutschen Anführer mit Adolf Hitler an der Spitze gastierten, darüber tratschten alle."
Ihre Darlegung über die Frühgeschichte des Berges wurde natürlich auch wortgetreu übernommen.

Nun steht die Frage an, wenn Herr Aniol die Seite seines Hotels selbst gestaltet hat, woher hat er sein Wissen her. Er ist Unternehmer, aber ist er auch Geschichtsforscher? Die Frage wäre unbeantwortet geblieben, wenn nicht Herr Kawaletz, im Übrigen zum wiederholten Male, mich auf der Suche nach der geschichtlichen Wahrheit tatkräftig unterstützt hätte. Dank seiner Hilfe bin ich nicht nur auf weitere polnische Webseiten aufmerksam geworden, sondern erhielt auch von ihm die komplette Übersetzung des Kapitels "Geheimnisvoller Pfaffenberg", aus dem nur in polnischer Sprache erschienenen Buches "Karpacz-Krummhübel, Geschichte einer Stadt unter der Schneekoppe", von von Alicja Hirsch-Tabis und Ewa Katarzyna Tabis, herausgegeben im Jahre 2005.

Über dieses Buch hatte ich bereits von Februar bis April 2007 in der "Schlesischen-Bergwacht" unter dem Titel "Karpacz – Krummhübel – eine Rezension" berichtet. In dem Kapitel über Krummhübel von vor 1945 stand der bemerkenswerte Satz:

"Die deutsche Literatur wurde nicht berücksichtigt, weil sie schwer zu bekommen ist, auch nicht in den Bibliotheken."

Unter diesen Gesichtspunkt sollte man auch den hier behandelten Abschnitt betrachten. Über den Pfaffenberg kann man am Anfang lesen:
"Aufgrund seiner markanten, gut sichtbaren Form, wurde er in der Vergangenheit "Spitzenberg" genannt. Unter diesem Namen ist er in dem "Walenbuch von Trautenau" (Trautenauer Walenbüchlein) aus dem Jahre 1466 aufgeführt. Diese Anhöhe diente früher als Orientierungspunkt für die Schatzsucher. In der späteren Zeit nannte man die Erhöhung: "Silberberg", "Pfaffenberg", "Göring Berg" oder "Księżą Berg" ( Priesterberg)."

Geschichtlich gesehen wohl alles richtig dargestellt. Sie schreiben vom "Walenbuch" und nicht wie sonst üblich vom "Wallonenbuch". Die Bezeichnung Spitzenberg kennen wir schon und "Göring-Berg" wird eine polnische Bezeichnung nach 1945 gewesen sein, "Księżą Berg" (Priesterberg) ist die heutige Bezeichnung. Der Begriff Pfaffenberg ist uns natürlich wohlbekannt. Aber stammt er auch nach Meinung der beiden Autorinnen von dem Steinseiffener Kretschambesitzer Christoph Pfaff, wie im Beitrag bereits erwähnt, ab? Weit gefehlt. Bereits bei Frau Liwacz konnte man lesen: "Ein Industrieller aus Berlin namens Pfaffen kaufte es. Er eröffnete hier ein exklusives Restaurant und Cafe mit Aussichtsterrasse. Auf dem Pfaffenberg pulsierte damals das Leben."

Die beiden Frauen Tabis werden weit konkreter:
"Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Berliner Industrielle, jüdischer Abstammung, Herr Pfaffen, neuer Besitzer des Schlösschen auf dem Berg wurde, nannte man den Berg nach seinem Namen "Pfaffenberg". Im Schlösschen auf dem Gipfel wurde ein, exklusives Restaurant und eine Kaffeestube mit Terrasse eröffnet, und für die Tanzabende musste man vorzeitig die Eintrittskarten reservieren, so gut hat man sich dort amüsiert".

Wohlgemerkt es handelt sich hier um die Zeit nach dem I. Weltkrieg. Besonders die Steinseiffener und Krummhübler Heimatfreunde dürften über diesen Namensgeber und das Treiben auf dem Pfaffenberg zwischen 1918 und 1939 erstaunt sein.

Über die Zeit nach Ausbruch des Krieges schreiben sie:
"Hermann Göring ging hier sehr gerne auf Jagden, die auf den Hängen der Schneekoppe organisiert wurden.
In den letzten Jahren des Krieges hat die deutsche Verwaltung das Gebäude auf dem Berg beschlagnahmt und bestimmte es zum Sanatorium für deutsche Flieger und zur Erholung von hohen Würdenträgern mit ihren Frauen mit Kindern".

Weitaus dramatischer hört es sich auf der Internetseite des Herrn Aniol an:
"Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Pfaffenberg zusammen mit der Liegenschaft, in der sich zwei Schächte des Silberbergbaus befanden, die persönliche Residenz von Hermann Göring, dem Marschall des Dritten Reiches".
Im übernächsten Abschnitt liest man "Der Marschall des Dritten Reiches war ein Kenner der Kunst. In seinen Händen waren Werke von unschätzbarem Wert, die in ganz Europa geplündert wurden. Bis heute wurde dieser Schatz nicht gefunden."

Im Zeitalter des Internets ist es heute sehr einfach zu recherchieren, ohne wie es früher üblich war, zeitraubend Literatur zu studieren.
So einfach ist es auch im Fall "Göring". 1934 lässt er sich in der Schorfheide (nördlich von Berlin) ein monumentales Jagdschloss bauen, das er zu Ehren seiner verstorbenen Frau "Carinhall" nennt. In den Ausstellungsräumen von Carinhall war die Privatsammlung von Hermann Göring untergebracht, die zum großen Teil aus Raub- und Beutekunst bestand. Er war als Sammler von Kunstwerken ebenso berühmt wie berüchtigt. Seine Leidenschaft für schöne Bilder und andere Gegenstände machte ihn zum bedeutenden Kunsträuber. Der zweite Mann im "Dritten Reich" häufte so viele Objekte an wie kaum ein anderer Funktionär. Seine Sammlung bestand aus rund 1800 Gemälden. Zu diesen kamen noch zahlreiche Wandteppiche, Skulpturen und andere kunsthandwerkliche Objekte.

Bereits 1943 ließ Göring einen Teil der Werke in einem sicheren Salzbergwerk bei Althaussee (Österreich) einlagern. Später im Januar 1945, als er einsah, dass der Krieg endgültig verloren war, ließ Göring die Reichtümer in Sonderzügen in Luftschutzbunker nach Berchtesgaden (Bayern) bringen. Doch die Alliierten stoppten die Züge, ein Teil der Gemälde wurde sichergestellt, andere wurden gestohlen oder gingen in den Kriegswirren verloren. Herr Aniol irrt also, der Verbleib der Schätze ist schon bekannt, er hätte dies sehr leicht in Erfahrung bringen können.

Besonders bekannt wurde Göring in seiner Eigenschaft als Reichsforst- und -jägermeister. In der Schorfheide und in der Rominter Heide in Ostpreußen hielt er große Jagden ab. Er brauchte sich also nicht "auf die Hänge der Schneekoppe" bemühen, wie die beiden Frauen Tabis behaupten. In Anlehnung an Berthold Brecht "Fragen eines lesenden Arbeiters" müsste man auch fragen: "Hatte er nicht mindestens einen Förster dabei". Seine Jagdleidenschaft wäre nicht unbemerkt geblieben. Die früheren Bewohner würden heute noch darüber sprechen.

Auf weit höherem Niveau präsentiert sich die Webseite von www.Karpacz.pl. In einem Beitrag unter dem Titel "Geheinnisse des Pfaffenberges" schreibt Ryszard Rzepczyński, 2. Bürgermeister von Karpacz, über die Geschichte des Berges. Er beginnt seinen Beitrag mit Auszügen aus dem "Trautenauer Walenbüchlein" von 1466. Dort wird der Weg von "Armstrongu" (Arnsdorf) nach Süden durch Schneebürge (Riesengebirge) beschrieben. Am Ende heißt es dann über den Weg: "geht dann bergauf, siehst du ein spitziger Berg (Spitzenberg = Pfaffenberg), wenn du dort ankommst, solltest du sich nach rechts leiten, nach Süden ..."

Es ist die erste schriftliche Erwähnung über den Pfaffenberg. Das klingt sehr realistisch und glaubwürdig. Sollte R. Rzepczyński das Walenbuch selbst gelesen haben, ich würde ihm meine höchste Hochachtung zollen. Von einem guten Bekannten, welcher vor Jahren Seiten des Walenbuches im Museum von Hohenelbe / Vrchlabi fotografieren konnte, habe ich die ersten 29 Seiten, die restlichen kommen demnächst, als Kopien erhalten. Auf Grund der alten Schrift und der damaligen Ausdrucksform ist das Lesen dieser Seiten ein sehr schwieriges Unterfangen und ich bin mit der "Übersetzung" noch nicht sehr weit gekommen.

Danach schreibt er über den Bergbau und die Krummhübler Knappschaft "Segen Gottes" von 1750, wieder ohne Quellenangabe, worüber ich weder bei Pradler oder Reitzig, noch in weiterführender Literatur, einen Vermerk finden konnte. Diese Aussagen über das Walenbuch und die Knappschaft könnten die Quelle für Iza Liwacz und Herrn Aniol gewesen sein.
Deutsche Geschichte endet bei ihm mit der bereits bekannten Geschichte des Dr. Kaselowsky, einen Besitzer Pergler von Perglas erwähnt er nicht. Polnische Geschichte nach 1945 beschließt den Beitrag.

Eine Residenz von Göring oder anderer Größen des 3. Reiches auf dem Pfaffenberg erwähnt er nicht. Ich habe Ryszard Rzepczyński 2008 beim 100jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche vom Krummhübel flüchtig kennen gelernt. Er interessierte sich sehr für das Krummhübel von vor 1945 und wollte sich gern mit mir darüber austauschen. Er hat sich aber dann nicht wieder gemeldet.

Indizien für eine persönliche Residenz von Göring gibt es nicht. Der Pfaffenberg war während der Zeit des Krieges im Besitz des Barons Pergler von Perglas und zumeist begehbar, wie es im Beitrag bereits durch Zeitzeugen bestätigt wurde. Das Hotel und Restaurant war geöffnet, man konnte dort wohnen und einkehren.
Es gab auch Werbung, wie im Reiseführer Grieben, Riesengebirge Band 81, von 1941: "Schloß Pfaffenberg, 11 Betten, 4,50 bis 7,50 M."

Zum Preisvergleich, im Berghotel "Teichmannbaude", dem damals größtem Hotel des Riesengebirges, lagen die Preise zwischen 4,00 bis 10,00 M.

In meinem Besitz sind mehrere Postkarten vom Pfaffenberg, drei sind beschrieben und mit Stempel versehen. Es handelt sich um Grüße vom Pfaffenberg an die Lieben daheim. Der Poststempel gibt das Jahr 1941 und 1942 an.

Weiter berichtete mir Renate Krause-Hertwig, verh. Kerßenfischer, aus Birkigt / Arnsdorf, wie sie sehr oft sonntags ihre Eltern und die Großmutter auf einem Spaziergang mit anschließender Einkehr auf den Pfaffenberg begleiten musste. Ihrer Großmutter fiel das Laufen schon recht schwer, aber bis auf den Berg, der ja in der Nähe von Birkigt lag schaffte sie es noch. Von dort oben hatte sie dann den herrlichen Blick auf Krummhübel und das Gebirge mit der Koppe. Für sie als Kind nicht immer angenehm, musste man doch Sonntagskleidung tragen und durfte sich keinesfalls schmutzig machen. Ein Brauch der mir auch aus meinen Kindheitstagen zur Genüge bekannt ist.

Auch Robert Neugebauer, Heimatbetreuer von Krummhübel, hat ähnliche Erinnerungen an den Berg. Heimatfreund Horst Grimmig aus Maiwaldau berichtete dass er während der Schulferien oft bei seiner Tante in Steinseiffen, die dort eine kleine Pension betrieb, weilte. Mit dem gleichaltrigen Nachbarssohn hatte er sich angefreundet und mit ihm oft den Pfaffenberg erstiegen. Die Mutter des Freundes arbeitete als Köchin dort oben und bei den Besuchen gab es immer ein Mittagessen. Er erinnerte sich, da oben öfter Offiziere gesehen zu haben, die sich dort zur Erholung aufhielten. An den Uniformhosen trugen sie rote Tressen, so nennt man wohl diese Streifen. Es könnte sich also um Stabsoffiziere gehandelt haben. Auch im weiteren Verlauf des Beitrages wird von Offizieren auf dem Pfaffenberg die Rede sein.
Heimatfreund Theo Gerberich aus Steinseiffen kann sich auch noch gut an die Streifzüge am und auf dem Pfaffenberg erinnern. Ein einziges Mal wurden sie in der Schule vom Lehrer gewarnt, an einem bestimmten Tag sich dort nicht aufzuhalten, da eine Jagd stattfinden sollte. Von einer Residenz Görings hatte er keine Kenntnis.

Zwei Zeitzeugen brachten den Pfaffenberg mit Göring in Verbindung. Einmal war es Frau Ende aus Steinseiffen, die sich erinnert, dass bei günstigen Winden oft vom Pfaffenberg her Gesang in Steinseiffen zu hören war. Ihr Großvater meinte dann immer: "Hörst Du, die Emmy singt wieder" (Gemeint ist Emmy Sonnemann, die zweite Frau von Göring d. V.)
Weder der Großvater noch Frau Ende haben die "Emmy" je zu Gesicht bekommen. Leicht möglich, dass da oben Konzerte stattfanden. Es gab aber auch schon Rundfunkübertragungen und natürlich auch Grammophone. War es wirklich die "Emmy"?

Heimatfreund Egon Hampel aus Steinseiffen, bereits im Beitrag erwähnt, berichtet, das sein Großvater, der auf dem Pfaffenberg so eine Art "Mädchen für Alles" war, eines Tages zu seinem Vater sagte: "Der Göring war auf dem Pfaffenberg zu Besuch." Herr Hampel war damals noch sehr jung, es könnte vor Ausbruch des Krieges gewesen sein. Das würde sich mit der Aussage von Hans-Eberhard Pohl decken, über dessen Aussage ich in der "Schlesischen-Bergwacht", Nr. 11, vom 5. November 2012, Seite 498, berichtet habe. Auch Frau Glass konnte sich an den Besuch damals in Krummhübel erinnern.

An der Aussage der Frauen Tabis, über ein Sanatorium für deutsche Flieger könnte etwas dran sein, legt man die Aussage von Heimatfreund Grimmig dafür zu Grunde. Beschlagnahmt wurden die Gebäude jedoch nicht, dafür gibt es keinerlei Hinweise. Auch als Lazarett, wie ich verschiedentlich hörte, diente das Hotel nicht. Frau Bertram, die langjährige Heimatbetreuerin von Steinseiffen, war während des Krieges in der Verwaltung des Lazarettwesens in Krummhübel tätig, sie hätte das gewusst und mir mitgeteilt.

Das Restaurant war aber immer etwas besonderes, heute würden wir es vielleicht als "Sterne-Restaurant" bezeichnen. Für den kleinen Geldbeutel war es nicht geschaffen. Frau Glass erzählte mir, das der Briefträger Wilhelm Hübner zu ihr sagte, natürlich in reinster Mundart, die ich nicht wiedergeben kann: "Das Restaurant ist nicht für uns kleine Leute geschaffen, da kann man nicht mehr hingehen". Frau Kallert aus Krummhübel berichtete, dass ihr Vater, der Delikatessenhändler, trotz der kriegsbedingten Notlage von Lebensmitteln, immer einige lukullische Besonderheiten auf Lager hatte, die samt und sonders für den Pfaffenberg bestimmt waren.

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