Der Pfaffenberg
Grenzberg-Wahrzeichen-Mythos?

Karl-Heinz Drescher, Leipzig

In der November- und Dezember-Ausgabe der "Schlesischen Bergwacht" habe ich sehr ausführlich über meine Reise nach Krummhübel berichtet und meine Freude zum Ausdruck gebracht, endlich, zum ersten Mal in meinem Leben auf den Pfaffenberg zu stehen und den Gebäudekomplex im Schweizer Baustil zu bewundern, den ich ansonsten nur von Ansichtskarten her kannte. Als Heimatforscher, Ortschronist, Hobbyhistoriker, wie auch immer, beschäftigt man sich schon mit diesem bewaldeten Bergkegel, der zur Gemarkung Steinseiffen gehörte und als Hausberg des Ortes galt, aber da er sich unmittelbar an der Kleinen Lomnitz, der natürlichen Grenze zwischen Steinseiffen und Krummhübel erhebt, auch als Wahrzeichen beider Orte angesehen werden konnte.

Herr Rudolf Pradler, Herausgeber des Erinnerungsbuches "Steinseiffen – ein schlesisches Gebirgsdorf – nicht nur eine Chronik" hat uns im März 2004 in der Heimatzeitschrift unter dem Titel "Der Pfaffenberg – Steinseiffens Wahrzeichen" eine genaue Schilderung der Lage des Berges hinterlassen:

"Im Westen zieht sich der Bergwald bis an die Kleine Lomnitz heran. Im Osten führt der Fahrweg von der Försterei nach Wolfshau am Waldrand vorbei. Auf der Südseite trennt ein Fußweg, der von Steinseiffen nach Krummhübel führt, den Pfaffenberg von der Gemarkung "Scheibe". Scheibe ist eine von Feldholzinseln durchsetzte, landwirtschaftlich genutzte Fläche. In einem dieser Feldgehölze hatte sich Walter Stanietz (Schriftsteller und Bühnenautor sowie Mitglied des literarischen Kreises um Gerhart Hauptmann der Verfasser) sein "Dichterhaus" erbaut. Der Weg führt über die Lomnitzbrücke ins "Tannigt",

dem alten Ortsteil von Krummhübel. Der Fußweg auf der Nordseite des Berges, über das "Hehla", mündete an der "Buschmühle"

in die von Schmiedeberg kommende Chaussee. Auf diesem Fußweg erreichten wir in 20 Minuten den Krummhübler Bahnhof. An der Buschmühle befand sich das Haupttor, dass die Zufahrt zum Berge absperrte, denn das ganze Areal war durch einen hohen ca. 1800 Meter langen Zaun abgegattert. Ein stilgerechtes kleines Holzhaus bot dem Pförtner eine behagliche Wohnung. Ein zweites Pförtnerhaus, im gleichen Baustil gehalten, stand auf der Südseite des Berges. Dieser Eingang war jedoch immer verschlossen. Von der Buschmühle her führte eine geschotterte Fahrstraße rund um den Berg, hinauf zum Gipfel. Bevor man dazu kam, die schlossartige großartige Villa, die das Bergplateau beherrschte, näher zu betrachten, wurde das Auge von dem gewaltigen Gebirgspanorama im Süden gefesselt. Die Schneekoppe und der Riesenkamm lagen greifbar nahe, denn die Entfernung zum Koppengipfel beträgt in Luftlinie nur 5,5 Kilometer. Wir kannten das große herrschaftliche Haus auf dem Pfaffenberg als Schlosshotel, das von der Familie des Barons Pergler von Perglas bewirtschaftet wurde… Auch die Außenanlagen waren gepflegt und die Gartenbänke luden zum Verweilen und Betrachten ein. Ein Springbrunnen inmitten eines Rosengartens belebte die Anlagen. Auf der Südseite, unterhalb des Hauses, befand sich ein geräumiges Gewächshaus, in dem die Blumen und Stauden, aber auch Gemüse für die Küche des Hauses gezogen wurden".

Für Heimatfreund Pradler und vielen anderen vertriebenen ehemaligen Bewohnern, besonders aus Steinseiffen, war der Berg so etwas wie: Gelebte Jugend und geliebte Heimat.
Er beendet seinen Bericht mit den Worten:
"Uns blieb die Erinnerungen an unvergessliche Jugenderlebnisse rund um den Pfaffenberg. Und noch etwas ist uns geblieben, das uns niemand nehmen kann: Der unverwechselbare grandiose Anblick des Riesenkammes, vom Eulengrund bis zu den Teichrändern".

In der Chronik von Steinseiffen kommt Frau Minna Günther, geb. Wolf / Ulbrich, zu Wort und schildert ihre Erinnerungen:

"Meine Kindheitserinnerungen an den Pfaffenberg

Meine Erinnerungen an diesen Berg hängen mit den Beziehungen zusammen, die meinen Adoptiv-Vater mit dem damaligen Besitzer verbanden. Herr Dr. med. Kaselowsky, ein mehrfacher Millionär, erwarb oder übernahm den Pfaffenberg um die Jahrhundertwende und machte ihn zu einem für die damalige Zeit hochherrschaftlichen Sommersitz. War das Anwesen bis dahin ein gern besuchtes Ausflugsziel mit Gaststätte gewesen, wurde es jetzt nur noch privat und gesellschaftlich genutzt. Auf dem Pfaffenberg entstand eine großartige Villa, von der man einen weiten Blick auf das östliche Riesengebirge und das Hirschberger Tal bis zu den Falkenbergen hatte. Ein wunderbarer Rosengarten mit Springbrunnen wurde angelegt und eine überdachte Vorhalle neu gebaut. Am Südhang unterhalb der Villa entstand ein geräumiges Gewächshaus mit Blumen- und Gemüsebeeten und lieferte den Bedarf für den herrschaftlichen Haushalt. Für die Söhne und andere Familienmitglieder sowie das Hauspersonal und den Gärtner wurden Wohnungen auf der Nordseite des Kegels erstellt und hier hatte auch der Hausherr sein Studierzimmer. Man erreichte diese Räume über eine Treppe von der Villa aus. Das ganze Besitztum wurde eingezäunt, mehrere große und kleine Tore sowie zwei Pförtnerhäuschen sorgten für geregelten Einlaß. Eine breite Fahrstraße von der Krummhübler Seite wurde angelegt und führte rund um den Berg bis zur Villa. Innerhalb des ganzen Geländes wurden mehrere Ruhebänke aufgestellt.
Ein besonderes Ereignis muss seinerzeit die Hochzeit von Dr. Kaselowsky gewesen sein. Er heiratete eine angesehene Witwe mit vier Söhnen, die mehrmals als Sommergast in der Villa Klara in Ober-Steinseiffen wohnte. Am Polterabend war der ganze Weg von dort bis zu ihrem neuen Heim auf dem Pfaffenberg mit Lampion geschmückt und beleuchtet.
Dr. Kaselowsky wurde zum Wohltäter für Steinseiffen und Krummhübel. Die Steinseiffener Feuerwehr und die damalige Kleinkinderschule erhielten finanzielle Unterstützung und der gerade neu erbauten evangelischen Kirche in Krummhübel stiftet er die Glocken. Einige Arme im Ort konnten sich monatlich einen Taler im Gemeindebüro abholen. In den Wintermonaten siedelten die Herrschaften in ihre Berliner Villa über, um am gesellschaftlichen Leben in der deutschen Hauptstadt teilzunehmen. Im Winter kamen sie nur für kurze Zeit zum Wintersport auf den Pfaffenberg zurück.
Der frühere Gemeindeschreiber Robert Wolf, mein Adoptivvater und von mir Onkel genannt, war in den Sommermonaten allabendlich Gast und gleichzeitig beratender Freund auf dem Pfaffenberg. Pastor Demelius aus Schmiedeberg, sowie Direktor Hildebrandt aus Erdmannsdorf waren immer willkommene Gäste.
Mit dem verlorenen ersten Weltkrieg war die Glanzzeit vorbei und der Pfaffenberg wurde zunächst verpachtet und später verkauft. Die finanziellen Schwierigkeiten zwangen Herrn Dr. Kaselowsky, wieder eine ärztliche Praxis zu eröffnen und er wurde Kurarzt in Bad Warmbrunn. 1945 / 46 teilte er mit uns das Schicksal der Vertreibung. Der letzte Besitzer, ein Baron machte aus den Räumlichkeiten auf dem Pfaffenberg wieder eine Gaststätte, die nach der Kapitulation 1945 zunächst von den Russen geplündert und dann von den Polen beschlagnahmt wurde".

Über die Namensgebung des Berges hat Herr Pradler keine gesicherten Informationen. Er vermutet als Namensgeber einen Christian Pfaff, dem Besitzer des Niedergutes in Steinseiffen. Wenn man in dieser Angelegenheit weiter forschen will greift man auf den Krummhübler Heimatforscher Dr. Hans Reitzig zurück. Im "Heemte-glöckla" Nr. 32, vom Oktober 1953, schreibt Hans Reitzig in seinem Artikel "Ortsnamen der alten Heimat" u.a.:

"Der Pfaffenberg hieß ganz früher einmal "Zeisgenhübel", offenbar nach Zeisigen, die an seinen Hängen nisteten, aber auch "Pfarrhübel", was auf zeitweise Zugehörigkeit zum Arnsdorfer Kirchengut schließen läßt. Den jetzigen Namen soll der Berg von einem Christian Pfaff(e) herhaben, der das Steinseiffener Niedergut nach seiner letzten Einäscherung im Jahre 1739 von der Arnsdorfer Herrschaft gekauft und ein Gasthaus, den heutigen Gerichtskretscham daraus gemacht hatte".

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