In der November- und Dezember-Ausgabe der "Schlesischen Bergwacht" habe ich sehr ausführlich über meine Reise nach Krummhübel berichtet und meine Freude zum Ausdruck gebracht, endlich, zum ersten Mal in meinem Leben auf den Pfaffenberg zu stehen und den Gebäudekomplex im Schweizer Baustil zu bewundern, den ich ansonsten nur von Ansichtskarten her kannte. Als Heimatforscher, Ortschronist, Hobbyhistoriker, wie auch immer, beschäftigt man sich schon mit diesem bewaldeten Bergkegel, der zur Gemarkung Steinseiffen gehörte und als Hausberg des Ortes galt, aber da er sich unmittelbar an der Kleinen Lomnitz, der natürlichen Grenze zwischen Steinseiffen und Krummhübel erhebt, auch als Wahrzeichen beider Orte angesehen werden konnte.
Herr Rudolf Pradler, Herausgeber
des Erinnerungsbuches "Steinseiffen ein schlesisches Gebirgsdorf
nicht nur eine Chronik" hat uns im März 2004 in der Heimatzeitschrift
unter dem Titel "Der Pfaffenberg Steinseiffens Wahrzeichen"
eine genaue Schilderung der Lage des Berges hinterlassen:
"Im Westen zieht sich der Bergwald bis an die Kleine Lomnitz heran. Im
Osten führt der Fahrweg von der Försterei nach Wolfshau am Waldrand vorbei.
Auf der Südseite trennt ein Fußweg, der von Steinseiffen nach Krummhübel führt,
den Pfaffenberg von der Gemarkung "Scheibe". Scheibe ist eine von
Feldholzinseln durchsetzte, landwirtschaftlich genutzte Fläche. In einem dieser
Feldgehölze hatte sich Walter Stanietz (Schriftsteller und Bühnenautor sowie
Mitglied des literarischen Kreises um Gerhart Hauptmann der Verfasser) sein
"Dichterhaus" erbaut. Der Weg führt über die Lomnitzbrücke ins "Tannigt",
dem alten Ortsteil von Krummhübel. Der Fußweg auf der Nordseite des Berges, über das "Hehla", mündete an der "Buschmühle"
in die von Schmiedeberg kommende
Chaussee. Auf diesem Fußweg erreichten wir in 20 Minuten den Krummhübler Bahnhof.
An der Buschmühle befand sich das Haupttor, dass die Zufahrt zum Berge absperrte,
denn das ganze Areal war durch einen hohen ca. 1800 Meter langen Zaun abgegattert.
Ein stilgerechtes kleines Holzhaus bot dem Pförtner eine behagliche Wohnung.
Ein zweites Pförtnerhaus, im gleichen Baustil gehalten, stand auf der Südseite
des Berges. Dieser Eingang war jedoch immer verschlossen. Von der Buschmühle
her führte eine geschotterte Fahrstraße rund um den Berg, hinauf zum Gipfel.
Bevor man dazu kam, die schlossartige großartige Villa, die das Bergplateau
beherrschte, näher zu betrachten, wurde das Auge von dem gewaltigen Gebirgspanorama
im Süden gefesselt. Die Schneekoppe und der Riesenkamm lagen greifbar nahe,
denn die Entfernung zum Koppengipfel beträgt in Luftlinie nur 5,5 Kilometer.
Wir kannten das große herrschaftliche Haus auf dem Pfaffenberg als Schlosshotel,
das von der Familie des Barons Pergler von Perglas bewirtschaftet wurde… Auch
die Außenanlagen waren gepflegt und die Gartenbänke luden zum Verweilen und
Betrachten ein. Ein Springbrunnen inmitten eines Rosengartens belebte die Anlagen.
Auf der Südseite, unterhalb des Hauses, befand sich ein geräumiges Gewächshaus,
in dem die Blumen und Stauden, aber auch Gemüse für die Küche des Hauses gezogen
wurden".
Für Heimatfreund Pradler und vielen anderen vertriebenen ehemaligen Bewohnern,
besonders aus Steinseiffen, war der Berg so etwas wie: Gelebte Jugend und geliebte
Heimat.
Er beendet seinen Bericht mit den Worten:
"Uns blieb die Erinnerungen an unvergessliche Jugenderlebnisse rund um
den Pfaffenberg. Und noch etwas ist uns geblieben, das uns niemand nehmen kann:
Der unverwechselbare grandiose Anblick des Riesenkammes, vom Eulengrund bis
zu den Teichrändern".
In der Chronik von Steinseiffen kommt
Frau Minna Günther, geb. Wolf / Ulbrich, zu Wort und schildert ihre Erinnerungen:
"Meine Kindheitserinnerungen an den Pfaffenberg
Meine Erinnerungen an diesen Berg hängen mit den Beziehungen zusammen, die meinen
Adoptiv-Vater mit dem damaligen Besitzer verbanden. Herr Dr. med. Kaselowsky,
ein mehrfacher Millionär, erwarb oder übernahm den Pfaffenberg um die Jahrhundertwende
und machte ihn zu einem für die damalige Zeit hochherrschaftlichen Sommersitz.
War das Anwesen bis dahin ein gern besuchtes Ausflugsziel mit Gaststätte gewesen,
wurde es jetzt nur noch privat und gesellschaftlich genutzt. Auf dem Pfaffenberg
entstand eine großartige Villa, von der man einen weiten Blick auf das östliche
Riesengebirge und das Hirschberger Tal bis zu den Falkenbergen hatte. Ein wunderbarer
Rosengarten mit Springbrunnen wurde angelegt und eine überdachte Vorhalle neu
gebaut. Am Südhang unterhalb der Villa entstand ein geräumiges Gewächshaus mit
Blumen- und Gemüsebeeten und lieferte den Bedarf für den herrschaftlichen Haushalt.
Für die Söhne und andere Familienmitglieder sowie das Hauspersonal und den Gärtner
wurden Wohnungen auf der Nordseite des Kegels erstellt und hier hatte auch der
Hausherr sein Studierzimmer. Man erreichte diese Räume über eine Treppe von
der Villa aus. Das ganze Besitztum wurde eingezäunt, mehrere große und kleine
Tore sowie zwei Pförtnerhäuschen sorgten für geregelten Einlaß. Eine breite
Fahrstraße von der Krummhübler Seite wurde angelegt und führte rund um den Berg
bis zur Villa. Innerhalb des ganzen Geländes wurden mehrere Ruhebänke aufgestellt.
Ein besonderes Ereignis muss seinerzeit die Hochzeit von Dr. Kaselowsky gewesen
sein. Er heiratete eine angesehene Witwe mit vier Söhnen, die mehrmals als Sommergast
in der Villa Klara in Ober-Steinseiffen wohnte. Am Polterabend war der ganze
Weg von dort bis zu ihrem neuen Heim auf dem Pfaffenberg mit Lampion geschmückt
und beleuchtet.
Dr. Kaselowsky wurde zum Wohltäter für Steinseiffen und Krummhübel. Die Steinseiffener
Feuerwehr und die damalige Kleinkinderschule erhielten finanzielle Unterstützung
und der gerade neu erbauten evangelischen Kirche in Krummhübel stiftet er die
Glocken. Einige Arme im Ort konnten sich monatlich einen Taler im Gemeindebüro
abholen. In den Wintermonaten siedelten die Herrschaften in ihre Berliner Villa
über, um am gesellschaftlichen Leben in der deutschen Hauptstadt teilzunehmen.
Im Winter kamen sie nur für kurze Zeit zum Wintersport auf den Pfaffenberg zurück.
Der frühere Gemeindeschreiber Robert Wolf, mein Adoptivvater und von mir Onkel
genannt, war in den Sommermonaten allabendlich Gast und gleichzeitig beratender
Freund auf dem Pfaffenberg. Pastor Demelius aus Schmiedeberg, sowie Direktor
Hildebrandt aus Erdmannsdorf waren immer willkommene Gäste.
Mit dem verlorenen ersten Weltkrieg war die Glanzzeit vorbei und der Pfaffenberg
wurde zunächst verpachtet und später verkauft. Die finanziellen Schwierigkeiten
zwangen Herrn Dr. Kaselowsky, wieder eine ärztliche Praxis zu eröffnen und er
wurde Kurarzt in Bad Warmbrunn. 1945 / 46 teilte er mit uns das Schicksal der
Vertreibung. Der letzte Besitzer, ein Baron machte aus den Räumlichkeiten auf
dem Pfaffenberg wieder eine Gaststätte, die nach der Kapitulation 1945 zunächst
von den Russen geplündert und dann von den Polen beschlagnahmt wurde".
Über die Namensgebung des Berges hat
Herr Pradler keine gesicherten Informationen. Er vermutet als Namensgeber einen
Christian Pfaff, dem Besitzer des Niedergutes in Steinseiffen. Wenn man in dieser
Angelegenheit weiter forschen will greift man auf den Krummhübler Heimatforscher
Dr. Hans Reitzig zurück. Im "Heemte-glöckla" Nr. 32, vom Oktober 1953,
schreibt Hans Reitzig in seinem Artikel "Ortsnamen der alten Heimat"
u.a.:
"Der Pfaffenberg hieß ganz früher einmal "Zeisgenhübel", offenbar
nach Zeisigen, die an seinen Hängen nisteten, aber auch "Pfarrhübel",
was auf zeitweise Zugehörigkeit zum Arnsdorfer Kirchengut schließen läßt. Den
jetzigen Namen soll der Berg von einem Christian Pfaff(e) herhaben, der das
Steinseiffener Niedergut nach seiner letzten Einäscherung im Jahre 1739 von
der Arnsdorfer Herrschaft gekauft und ein Gasthaus, den heutigen Gerichtskretscham
daraus gemacht hatte".
Weit informativer dagegen ist ein Beitrag im "Wanderer des Riesengebirges",
den Herr Kawaletz, allen Lesern der Heimatzeitschrift wohlbekannt, gefunden
und mir zur Verfügung gestellt hat.
In der Nr. 7 8, Seite 112 aus dem Jahr 1939 ist folgendes zu lesen:
"Der Pfaffenberg bei Steinseiffen im Riesengebirge, der als einzigartiger
Aussichtspunkt am Fuße der Schneekoppe in früheren Jahrzehnten weit und breit
bekannt war, ist wieder ein gern besuchtes Ausflugsziel geworden. Der Aufstieg
ist vom Bahnhof Krummhübel in wenigen Minuten zu erreichen. Bis zum Gipfel führt
eine mit Auto bequem befahrbare Serpentinenstraße. Der Pfaffenberg ist mit der
Besiedlungsgeschichte von Steinseiffen auf das engste verbunden. Seinen Namen
trägt er nach dem Steinseiffener Kretschambesitzer Christoph Pfaff, der ihn
1780 von dem Steinseiffener Bauern Chr. Heinr. Hoffmann kaufte. Christoph Pfaff
hatte 1739, also vor genau 200 Jahren, den Grundstein zu dem Steinseiffener
Gerichtskretscham gelegt, der im nächsten Jahr sein 200jähriges Bestehern feiern
wird. 1798 ging der Pfaffenberg in den Besitz von Joh. Gottfr. Exner über, der
ihn 1804 an Joh. Gottfr. Büttner weiterverkaufte. Von 1812 bis 1846 gehörte
er Chr. Gottl. Finger und hieß in dieser Zeit nach ihm "Fingerberg".
In den folgenden dreißig Jahren war er Besitz des Bauern Gansel, von dem ihn
1879 der Steinseiffener Gerichtsscholze Th. Wolf erwarb. Dieser errichtete noch
im selben Jahre auf dem Gipfel eine Gastwirtschaft. Nach ihr erhielt der Berg
den Namen "Wilhelmshöhe". Ein Name der vielen alten Riesengebirgswanderern
noch in Erinnerung ist. Nach vorübergehenden Besitz von Wilh. Bettermann und
Ewald Laubner wurde der Berg im Jahre 1895 von Dr. Emil Kaselowsky, der 1897
an Stelle der alten Gastwirtschaft das jetzt neu ausgebaute schloßartige Gebäude
erbaute. Später wurde dann eine Umzäunung errichtet und der Berg für die Öffentlichkeit
gesperrt. Nun sind nach rund vierzig Jahren seine Pforten wieder geöffnet, nachdem
der Berg mit seinem Bau 1937 Eigentum von Frl. Koettig, Dresden, geworden ist".
Auch in der damaligen Tageszeitung
"Der Bote aus dem Riesengebirge" bleibt der Pfaffenberg nicht unerwähnt
und deckt sich zum Teil mit den bereits erwähnten Besitzern.
Erstmalig erscheint eine Mitteilung am 5. Oktober 1881:
"Am gestrigen tage starb in Krummhübel in Folge eines Schlaganfalls der
Ortsrichter Herr Wolf aus Steinseiffen, Besitzer des Restaurants auf dem Pfaffenberge".
Am 7. Juli 1883 die nächste Anzeige:
1883 und in nächsten Jahren ist also
ein R. Wölffel Besitzer oder Pächter und das Restaurant ist schon im Schweizer
Stil erbaut, wie aus weiteren Anzeigen in den nächsten Jahren hervorgeht: "Schweizerhaus
auf dem Pfaffenberge ladet am Sonntag zum Tanz, Wölffl".
Dann gab es wohl einen erneuten Besitzwechsel, denn am 27. Juli 1887 erscheint
folgende Anzeige:
Wobei zu berücksichtigen ist, dass
ein Name den Besitzer und der andere den Kapellmeister bezeichnet. Das Restaurant
blieb wohl auch in den nächsten Jahren geöffnet, denn immer wieder wird zu Tanz
und anderen Veranstaltungen eingeladen.
Am 16. April 1896 dann die nächste Mitteilung:
"Auf dem Pfaffenberg wird eine Straße gebaut. Das Projekt ist fast zu Ende.
Die Leitung hat Herr Tiefbauunternehmer Ortlieb. Von der sogenannten Schneidermühle
(später Buschmühle, der Verfasser) aus, verläuft sie serpentinenmäßig bis zum
Gipfel. Die Kosten trägt der Besitzer. Gleichzeitig werden Kulturarbeiten (Anpflanzungen
d. V.) durchgeführt. Die kahlen Flecken sollen verschwinden.
Im nächsten Jahr, am 7. März 1897, eine weitere Mitteilung:
"Der Pfaffenberg, auch Wilhelmshöh genannt, ist durch Kauf an Herrn Kommerzienrath
Kaselowsky aus Berlin übergegangen. Der Berg ist 628 Meter hoch und bietet eine
herrliche Rundsicht. Das er nicht so häufig besucht wurde, wie es eigentlich
hätte der Fall sein müssen, lag am schlechten Weg. Der neue Besitzer hat nun
einen sehr breiten Weg angelegt. Der Berg ist auch schlechten Wanderern nun
zugänglich. Das "Schweizerhaus" auf dem Gipfel, in dem sich im Sommer
ein Restaurant befand, ist bedeutend erweitert worden, wird aber ausschließlich
dem neuen Besitzer als Sommerwohnung dienen".
Hier hat man sich im Boten wohl mit der Jahreszahl 1897, gegenüber 1895 im Wanderer,
geirrt, denn in einer späteren Anzeige vom 10. August 1905 steht geschrieben:
"Der Inhaber vom Pfaffenberg, Kaselowsky, feierte den 10jährigen Besitz
mit einer großen Feier. Gäste wurden mit dem Automobil vom Bahnhof abgeholt.
Die gesamte Jägerkapelle veranstaltete am Nachmittag ein Konzert. Abends erstrahlte
das Anwesen im Glanze von mehreren hundert elektr. Lichtern".
Hätte die Jahreszahl des Erwerbs des Pfaffenberges im Boten gestimmt, wären
1905 die zehn Jahre noch nicht um gewesen.
Über die Wohltätigkeit von Dr. Kaselowski hat schon Frau Minna Günther berichtet,
hier nun ein weiteres Beispiel:
"Der Inhaber des Pfaffenberges, Ferdinand Kaselowsky, hat den 22 Schülern
der ev. Schule, für die anlässlich seiner Hochzeit am 27. Juni 1903 vorgetragenen
Gesänge je Schüler ein Sparbuch mit 5 Mark übergeben. In jedem Buch befindet
sich die Widmung: "Zur freundlichen Erinnerung an den 27. Juni 1903 auf
dem Pfaffenberge, F. Kaselowsky und Frau".
Die Sparbücher bleiben bis zur Konfirmation beim Lehrer".
Die nächsten Aktivitäten auf dem Pfaffenberg sind dem Boten folgende Mitteilungen
wert:
"8. Juni 1905 Auf Kosten von Besitzer f. Kaselowsky wird die Quellwasserleitung
nach dem Pfaffenberg gewährt."
"16. August 1906 Gemeindevertretersitzung. Ein Antrag auf Eingemeindung
von Wolfshau wurde abgelehnt. Herrn Kaselowsky auf dem Pfaffenberg wurde ein
Springbrunnen genehmigt."
In Vorbereitung des Baus der evangelischen Kirche im Jahr 1908 war Dr. Kaselowsky,
neben Pastor Günther aus Arnsdorf und Baron von Rotenhan aus Buchwald, fest
im Vorbereitungs-Komitee integriert.
Sein persönliches Geschenk an die Kirchgemeinde waren drei Glocken in Es-Dur,
mit einem Gewicht von 26, 13 und 7 Zentnern. Geliefert wurden sie von der Firma
Franz Schilling aus Apolda.
In einem Bericht des Boten liest man darüber:
"Nach einem Choral übergab der Stifter der Glocken, Herr Dr. Kaselowsky,
diese dem Kirchenbauverein. In einer rührenden Ansprache betonte er, das er
diese Glocken dem Andenken an seinen verstorbenen Vater, seiner Mutter und seinem
Kind gestiftet habe".
Am 8. Mai 1914 dann eine schockierende Meldung:
"Dr. Kaselowsky verkauft seine Villa mit dem Pfaffenberg an einen Herrn
von Natzmer".
Am nächsten Tag erfolgt jedoch ein Dementi.
Nach 1918 konnte man fast einhellig lesen, auch Frau Minna Günther schloss sich
diesen Aussagen an:
"Mit dem verlorenen ersten Weltkrieg war die Glanzzeit vorbei und der Pfaffenberg
wurde zunächst verpachtet und später verkauft. Die finanziellen Schwierigkeiten
zwangen Herrn Dr. Kaselowsky, wieder eine ärztliche Praxis zu eröffnen und er
wurde Kurarzt in Bad Warmbrunn."
Dem war aber noch nicht so, wie man aus den "Beiträgen zur Geschichte der
evangelischen Pfarrgemeinde Arnsdorf / Rsgb.", herausgegeben von Pfarrer
Feige aus Schmiedeberg entnehmen kann, wurde1918 die große und mittlere Glocke
der evangelischen Kirche in Krummhübel beschlagnahmt und eingeschmolzen. Herr
Dr. Kaselowsky hat sie 1922 erneut gestiftet.
Die Zeit, wo er mit seiner Familie
die Sommermonate auf dem Pfaffenberg verbrachte und rauschende Feste feierte,
war zwar endgültig vorbei, da er wieder einer geregelten Arbeit als Kurarzt
nachgehen musste, aber Berg und Gebäude blieben weiter in seinem Besitz.
Zeitzeugin Frau Glass, geb. Neumann, Jahrgang 1925, damals wohnhaft in der Buschmühle
am Fuße des Berges erinnert sich, dass ca. 1935 der Pfaffenberg noch im Besitz
von Dr. Kaselowsky war.
Das Pförtnerhaus am Eingang Krummhübel war mit einer Frau Richter besetzt. Sie
musste im Schloss Pfaffenberg regelmäßig lüften usw.. Frau Glass hat sie öfter
dabei begleitet. Später übernahm Frau Martha Anders diese Aufgabe und wohnte
im Pförtnerhaus. Ihr Gatte Paul arbeitete als Klempner.
Das Pförtnerhaus auf der Seite Steinseiffen stand an der Maimühle und war mit
einer Frau Petzold besetzt.
1937 wurde der Pfaffenberg mit den dazu gehörenden Gebäuden an ein Fräulein
Koettig aus Dresden verkauft. Nächster Besitzer waren Artur und Agnes Pergler
von Perglas. Ein konkretes Datum gibt es nicht. Es müsste aber bereits 1938
gewesen sein, da im Frühsommer 1939 Restaurant und Hotel bereits geöffnet war.
Über die neuen Besitzer ist recht wenig bekannt. Es wurde erzählt, dass sie
aus Dresden kamen und dort eine Tanzschule betrieben haben. Frl. Koettig war
auch aus Dresden, es könnte von daher eine Verbindung gegeben haben.
Im Deutschen Adelsblatt von 1883 bis 1945 taucht ein Pergler von Perglas aus
Pfaffenberg auf. Vielleicht ist damit der Pfaffenberg gemeint.
Im Frühjahr 1945 flohen die Pergler von Perglas noch vor Eintreffen der Russen
nach Düsseldorf. Diese Aussage stammt von Egon Hampel, Jahrgang 1928, aus Steinseiffen.
Sein Großvater Wilhelm Kasprizick hatte damals auf dem Pfaffenberg gearbeitet.
Soweit nun der geschichtliche Abriss des Pfaffenberges, wie ich ihn aus den
mir zur Verfügung stehenden Unterlagen herauslesen, aber auch durch Aussagen
von Zeitzeugen ergänzen konnte. Er beginnt im Jahre 1780 und endet 1945. Über
die Zeit danach wage ich keine Erläuterungen abzugeben, da meine polnischen
Sprachkenntnisse ein Studium diesbezüglicher Literatur nicht zulassen. Es gab
aber auch eine Zeit von vor 1780 und da ist wenig bekannt. In der Chronik von
Rudolf Pradler über Steinseiffen steht geschrieben: "Denn schon 1305 wird
der Ort im Einnahme-Verzeichnis des alten Bistums Breslau, der liber
fundationid episcopatus Vratislaviensis, item Steynsifen ferto, als
selbständiger Ort erwähnt. Bis weit über 1500 hinaus galt dann die Ortsbezeichnung
Stynsifen. Weiter schreibt er von einer Überlieferung,
die davon berichtet, dass im Jahre 1225 von Schmiedeberger und Steinseiffener
Bergknappen eine kleine Kapelle errichtet wurde, die im Jahre 1312 zur späteren
katholischen Kirche St. Marien in Schmiedeberg erweitert wurde. In diesen Jahren
waren überall im Gebirge Schatzsucher unterwegs, um Edelstein- und Edelmetallvorkommen
zu entdecken. Die Kunde vom mineralischen Reichtum des Riesengebirges lockte
Prospektoren (ausgebildete Fachleute) als auch Abenteurer aus entfernten Ländern
an. Darunter waren auch die berühmten Walen, die ihre Fundstellen verschlüsselt
in den Walenbüchern festhielten. Schürforte auf schlesischer Seite waren hauptsächlich
der Eulen- und Melzergrund. In der nächsten Umgebung Steinseiffens wurde am
Zimmerberg und am Rabenstein geschürft.
Heimatforscher Dr. Hans Reitzig berichtet in seinem Aufsatz "Bergleute,
Goldwäscher und Köhler im Reiche Rübezahls", veröffentlicht im "Heemte-glöckla"
Nr. 8, vom Oktober 1949: "Die früheste geschichtliche Quelle über den Krummhübler
Bergbau ist ein kurzes Schriftstück in der Breslauer Staatsbibliothek vom 8.
Oktober 1713. Aus ihm geht hervor, daß 1712 in "Cromhübel und Plagnitz"
eine Silbergrube in Betrieb genommen wurde."
Der Pfaffenberg wird von beiden Heimatforschern nicht erwähnt.
In meinem Beitrag in der Heimatzeitschrift im November, "Das Riesengebirge
im Herbst 2012", habe ich über den Artikel von Frau Iza Liwacz "Auf
der Spitze des Pfaffenberges", veröffentlicht in der Zeitschrift "Schlesien
heute", geschrieben.
Neben ihren geschichtlichen Auswüchsen über die Zeit des 2. Weltkrieges hat
Frau Liwacz auch über die Frühgeschichte des Berges berichtet:
"Die ältesten historischen Erwähnungen über den Spitzenberg, wie ihn die
Bewohner von Steinseiffen und Krummhübel im Mittelalter nannten, stammen aus
dem Jahr 1466. In dem "Wallonenbuch von Trautenau" gibt es einen Vermerk
über den Berg, als einen wichtigen Wegweiser für die Wallonen, die Schatzsucher
im Riesengebirge. Wegen dieser Bergbauarbeiten wurde der Spitzenberg bei den
Menschen in der Gegend auch Silberberg genannt. Im Jahre 1750 gründete man in
Krummhübel eine Knappschaft namens "Segen Gottes". Die Knappen haben
die Erze des Silberberges dann 13 Jahre lang abgebaut."
Diese Erwähnungen über den Berg hören sich sehr plausibel an und könnten der
Realität entsprechen. Leider gibt sie auch hier nicht ihre Quellen preis und
daher ist der Inhalt wissenschaftlich kaum verwertbar.
Als ich damals den Artikel von Iza Liwacz gelesen habe, dachte ich es handelt
sich wohl um eine dieser nachgeborenen Besserwisser, welche über eine vergangene
Zeit schreiben, die sie selbst nicht erlebt haben, auch nicht bereit sind aufwendig
zu recherchieren, aber ihren Phantasien freien Lauf lassen. Inzwischen bin ich
auch im Internet auf sie aufmerksam geworden. Dort wirbt sie mit: "Bergführungen
im Riesengebirge, Reiseleitungen in Niederschlesien, Übersetzungen ins Polnische".
Bleibt zu hoffen, dass sie sich bei Reiseleitungen und Führungen mehr an die
geschichtliche Realität hält, als das bei dem bewussten Artikel der Fall ist.
Eine Quelle nennt uns Frau Liwacz, es ist die Adresse der Webseite des Hotels.
Leider kann man sie im ersten Anlauf nicht benutzen, da sie nicht korrekt wieder
gegeben wurde. Erst als der erste Teil meines Beitrages schon in der "Schlesischen
Bergwacht" veröffentlicht wurde, habe ich mich unter der richtigen Internet-Adresse
des Hotels auf dem Pfaffenberg, welche www.ksieza-gora.pl
lautet, ein geklickt und mich mit dem Inhalt vertraut gemacht.
Wenn man dann unter "Über Hotel" und "Geschichte" sich informiert,
stellt man überraschend fest, entweder hat Frau Liwacz die Seite für Herrn Aniol
gestaltet oder sie hat schlicht und einfach bei ihm abgeschrieben. Manche Sätze
sind leicht verändert. Heißt es bei ihr: "Die Tatsache, dass auf dem Pfaffenberg
nationalsozialistische Größen, u.a. auch Hitler zu Gast waren, war in aller
Munde," liest man bei Herrn Aniol: "Dass in der Villa auf dem Pfaffenberg
die wichtigsten deutschen Anführer mit Adolf Hitler an der Spitze gastierten,
darüber tratschten alle."
Ihre Darlegung über die Frühgeschichte des Berges wurde natürlich auch wortgetreu
übernommen.
Nun steht die Frage an, wenn Herr Aniol die Seite seines Hotels selbst gestaltet
hat, woher hat er sein Wissen her. Er ist Unternehmer, aber ist er auch Geschichtsforscher?
Die Frage wäre unbeantwortet geblieben, wenn nicht Herr Kawaletz, im Übrigen
zum wiederholten Male, mich auf der Suche nach der geschichtlichen Wahrheit
tatkräftig unterstützt hätte. Dank seiner Hilfe bin ich nicht nur auf weitere
polnische Webseiten aufmerksam geworden, sondern erhielt auch von ihm die komplette
Übersetzung des Kapitels "Geheimnisvoller Pfaffenberg", aus dem nur
in polnischer Sprache erschienenen Buches "Karpacz-Krummhübel, Geschichte
einer Stadt unter der Schneekoppe", von von Alicja Hirsch-Tabis und Ewa
Katarzyna Tabis, herausgegeben im Jahre 2005.
Über dieses Buch hatte ich bereits von Februar bis April 2007 in der "Schlesischen-Bergwacht"
unter dem Titel "Karpacz Krummhübel eine Rezension"
berichtet. In dem Kapitel über Krummhübel von vor 1945 stand der bemerkenswerte
Satz:
"Die deutsche Literatur wurde nicht berücksichtigt, weil sie schwer zu
bekommen ist, auch nicht in den Bibliotheken."
Unter diesen Gesichtspunkt sollte man auch den hier behandelten Abschnitt betrachten.
Über den Pfaffenberg kann man am Anfang lesen:
"Aufgrund seiner markanten, gut sichtbaren Form, wurde er in der Vergangenheit
"Spitzenberg" genannt. Unter diesem Namen ist er in dem "Walenbuch
von Trautenau" (Trautenauer Walenbüchlein) aus dem Jahre 1466 aufgeführt.
Diese Anhöhe diente früher als Orientierungspunkt für die Schatzsucher. In der
späteren Zeit nannte man die Erhöhung: "Silberberg", "Pfaffenberg",
"Göring Berg" oder "Księżą Berg" ( Priesterberg)."
Geschichtlich gesehen wohl alles richtig dargestellt. Sie schreiben vom "Walenbuch"
und nicht wie sonst üblich vom "Wallonenbuch". Die Bezeichnung Spitzenberg
kennen wir schon und "Göring-Berg" wird eine polnische Bezeichnung
nach 1945 gewesen sein, "Księżą Berg" (Priesterberg)
ist die heutige Bezeichnung. Der Begriff Pfaffenberg ist uns natürlich wohlbekannt.
Aber stammt er auch nach Meinung der beiden Autorinnen von dem Steinseiffener
Kretschambesitzer Christoph Pfaff, wie im Beitrag bereits erwähnt, ab? Weit
gefehlt. Bereits bei Frau Liwacz konnte man lesen: "Ein Industrieller aus
Berlin namens Pfaffen kaufte es. Er eröffnete hier ein exklusives Restaurant
und Cafe mit Aussichtsterrasse. Auf dem Pfaffenberg pulsierte damals das Leben."
Die beiden Frauen Tabis werden weit konkreter:
"Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Berliner Industrielle, jüdischer
Abstammung, Herr Pfaffen, neuer Besitzer des Schlösschen auf dem Berg wurde,
nannte man den Berg nach seinem Namen "Pfaffenberg". Im Schlösschen
auf dem Gipfel wurde ein, exklusives Restaurant und eine Kaffeestube mit Terrasse
eröffnet, und für die Tanzabende musste man vorzeitig die Eintrittskarten reservieren,
so gut hat man sich dort amüsiert".
Wohlgemerkt es handelt sich hier um die Zeit nach dem I. Weltkrieg. Besonders
die Steinseiffener und Krummhübler Heimatfreunde dürften über diesen Namensgeber
und das Treiben auf dem Pfaffenberg zwischen 1918 und 1939 erstaunt sein.
Über die Zeit nach Ausbruch des Krieges schreiben sie:
"Hermann Göring ging hier sehr gerne auf Jagden, die auf den Hängen der
Schneekoppe organisiert wurden.
In den letzten Jahren des Krieges hat die deutsche Verwaltung das Gebäude auf
dem Berg beschlagnahmt und bestimmte es zum Sanatorium für deutsche Flieger
und zur Erholung von hohen Würdenträgern mit ihren Frauen mit Kindern".
Weitaus dramatischer hört es sich auf der Internetseite des Herrn Aniol an:
"Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Pfaffenberg zusammen mit
der Liegenschaft, in der sich zwei Schächte des Silberbergbaus befanden, die
persönliche Residenz von Hermann Göring, dem Marschall des Dritten Reiches".
Im übernächsten Abschnitt liest man "Der Marschall des Dritten Reiches
war ein Kenner der Kunst. In seinen Händen waren Werke von unschätzbarem Wert,
die in ganz Europa geplündert wurden. Bis heute wurde dieser Schatz nicht gefunden."
Im Zeitalter des Internets ist es heute sehr einfach zu recherchieren, ohne
wie es früher üblich war, zeitraubend Literatur zu studieren.
So einfach ist es auch im Fall "Göring". 1934 lässt er sich
in der Schorfheide (nördlich von Berlin) ein monumentales Jagdschloss bauen,
das er zu Ehren seiner verstorbenen Frau "Carinhall" nennt. In den
Ausstellungsräumen von Carinhall war die Privatsammlung von Hermann Göring
untergebracht, die zum großen Teil aus Raub- und Beutekunst bestand. Er
war als Sammler von Kunstwerken ebenso berühmt wie berüchtigt. Seine
Leidenschaft für schöne Bilder und andere Gegenstände machte
ihn zum bedeutenden Kunsträuber. Der zweite Mann im "Dritten Reich"
häufte so viele Objekte an wie kaum ein anderer Funktionär. Seine
Sammlung bestand aus rund 1800 Gemälden. Zu diesen kamen noch zahlreiche
Wandteppiche, Skulpturen und andere kunsthandwerkliche Objekte.
Bereits 1943 ließ Göring einen Teil der Werke in einem sicheren Salzbergwerk
bei Althaussee (Österreich) einlagern. Später im Januar 1945, als
er einsah, dass der Krieg endgültig verloren war, ließ Göring
die Reichtümer in Sonderzügen in Luftschutzbunker nach Berchtesgaden
(Bayern) bringen. Doch die Alliierten stoppten die Züge, ein Teil der Gemälde
wurde sichergestellt, andere wurden gestohlen oder gingen in den Kriegswirren
verloren. Herr Aniol irrt also, der Verbleib der Schätze ist schon bekannt,
er hätte dies sehr leicht in Erfahrung bringen können.
Besonders bekannt wurde Göring in seiner Eigenschaft als Reichsforst- und
-jägermeister. In der Schorfheide und in der Rominter Heide in Ostpreußen
hielt er große Jagden ab. Er brauchte sich also nicht "auf die Hänge
der Schneekoppe" bemühen, wie die beiden Frauen Tabis behaupten. In
Anlehnung an Berthold Brecht "Fragen eines lesenden Arbeiters" müsste
man auch fragen: "Hatte er nicht mindestens einen Förster dabei".
Seine Jagdleidenschaft wäre nicht unbemerkt geblieben. Die früheren
Bewohner würden heute noch darüber sprechen.
Auf weit höherem Niveau präsentiert sich die Webseite von www.Karpacz.pl.
In einem Beitrag unter dem Titel "Geheinnisse des Pfaffenberges" schreibt
Ryszard Rzepczyński, 2. Bürgermeister von Karpacz, über die Geschichte
des Berges. Er beginnt seinen Beitrag mit Auszügen aus dem "Trautenauer
Walenbüchlein" von 1466. Dort wird der Weg von "Armstrongu"
(Arnsdorf) nach Süden durch Schneebürge (Riesengebirge) beschrieben.
Am Ende heißt es dann über den Weg: "geht dann bergauf, siehst
du ein spitziger Berg (Spitzenberg = Pfaffenberg), wenn du dort ankommst, solltest
du sich nach rechts leiten, nach Süden ..."
Es ist die erste schriftliche Erwähnung über den Pfaffenberg. Das
klingt sehr realistisch und glaubwürdig. Sollte R. Rzepczyński das
Walenbuch selbst gelesen haben, ich würde ihm meine höchste Hochachtung
zollen. Von einem guten Bekannten, welcher vor Jahren Seiten des Walenbuches
im Museum von Hohenelbe / Vrchlabi fotografieren konnte, habe ich die ersten
29 Seiten, die restlichen kommen demnächst, als Kopien erhalten. Auf Grund
der alten Schrift und der damaligen Ausdrucksform ist das Lesen dieser Seiten
ein sehr schwieriges Unterfangen und ich bin mit der "Übersetzung"
noch nicht sehr weit gekommen.
Danach schreibt er über den Bergbau
und die Krummhübler Knappschaft "Segen Gottes" von 1750, wieder
ohne Quellenangabe, worüber ich weder bei Pradler oder Reitzig, noch in
weiterführender Literatur, einen Vermerk finden konnte. Diese Aussagen
über das Walenbuch und die Knappschaft könnten die Quelle für
Iza Liwacz und Herrn Aniol gewesen sein.
Deutsche Geschichte endet bei ihm mit der bereits bekannten Geschichte des Dr.
Kaselowsky, einen Besitzer Pergler von Perglas erwähnt er nicht. Polnische
Geschichte nach 1945 beschließt den Beitrag.
Eine Residenz von Göring oder anderer Größen des 3. Reiches
auf dem Pfaffenberg erwähnt er nicht. Ich habe Ryszard Rzepczyński
2008 beim 100jährigen Jubiläum der evangelischen Kirche vom Krummhübel
flüchtig kennen gelernt. Er interessierte sich sehr für das Krummhübel
von vor 1945 und wollte sich gern mit mir darüber austauschen. Er hat sich
aber dann nicht wieder gemeldet.
Indizien für eine persönliche Residenz von Göring gibt es nicht.
Der Pfaffenberg war während der Zeit des Krieges im Besitz des Barons Pergler
von Perglas und zumeist begehbar, wie es im Beitrag bereits durch Zeitzeugen
bestätigt wurde. Das Hotel und Restaurant war geöffnet, man konnte
dort wohnen und einkehren.
Es gab auch Werbung, wie im Reiseführer Grieben, Riesengebirge Band 81,
von 1941: "Schloß Pfaffenberg, 11 Betten, 4,50 bis 7,50 M."
Zum Preisvergleich, im Berghotel "Teichmannbaude",
dem damals größtem Hotel des Riesengebirges, lagen die Preise zwischen
4,00 bis 10,00 M.
In meinem Besitz sind mehrere Postkarten vom Pfaffenberg, drei sind beschrieben
und mit Stempel versehen. Es handelt sich um Grüße vom Pfaffenberg
an die Lieben daheim. Der Poststempel gibt das Jahr 1941 und 1942 an.
Weiter berichtete mir Renate Krause-Hertwig,
verh. Kerßenfischer, aus Birkigt / Arnsdorf, wie sie sehr oft sonntags
ihre Eltern und die Großmutter auf einem Spaziergang mit anschließender
Einkehr auf den Pfaffenberg begleiten musste. Ihrer Großmutter fiel das
Laufen schon recht schwer, aber bis auf den Berg, der ja in der Nähe von
Birkigt lag schaffte sie es noch. Von dort oben hatte sie dann den herrlichen
Blick auf Krummhübel und das Gebirge mit der Koppe. Für sie als Kind
nicht immer angenehm, musste man doch Sonntagskleidung tragen und durfte sich
keinesfalls schmutzig machen. Ein Brauch der mir auch aus meinen Kindheitstagen
zur Genüge bekannt ist.
Auch Robert Neugebauer, Heimatbetreuer von Krummhübel, hat ähnliche
Erinnerungen an den Berg. Heimatfreund Horst Grimmig aus Maiwaldau berichtete
dass er während der Schulferien oft bei seiner Tante in Steinseiffen, die
dort eine kleine Pension betrieb, weilte. Mit dem gleichaltrigen Nachbarssohn
hatte er sich angefreundet und mit ihm oft den Pfaffenberg erstiegen. Die Mutter
des Freundes arbeitete als Köchin dort oben und bei den Besuchen gab es
immer ein Mittagessen. Er erinnerte sich, da oben öfter Offiziere gesehen
zu haben, die sich dort zur Erholung aufhielten. An den Uniformhosen trugen
sie rote Tressen, so nennt man wohl diese Streifen. Es könnte sich also
um Stabsoffiziere gehandelt haben. Auch im weiteren Verlauf des Beitrages wird
von Offizieren auf dem Pfaffenberg die Rede sein.
Heimatfreund Theo Gerberich aus Steinseiffen kann sich auch noch gut an die
Streifzüge am und auf dem Pfaffenberg erinnern. Ein einziges Mal wurden
sie in der Schule vom Lehrer gewarnt, an einem bestimmten Tag sich dort nicht
aufzuhalten, da eine Jagd stattfinden sollte. Von einer Residenz Görings
hatte er keine Kenntnis.
Zwei Zeitzeugen brachten den Pfaffenberg mit Göring in Verbindung. Einmal
war es Frau Ende aus Steinseiffen, die sich erinnert, dass bei günstigen
Winden oft vom Pfaffenberg her Gesang in Steinseiffen zu hören war. Ihr
Großvater meinte dann immer: "Hörst Du, die Emmy singt wieder"
(Gemeint ist Emmy Sonnemann, die zweite Frau von Göring d. V.)
Weder der Großvater noch Frau Ende haben die "Emmy" je zu Gesicht
bekommen. Leicht möglich, dass da oben Konzerte stattfanden. Es gab aber
auch schon Rundfunkübertragungen und natürlich auch Grammophone. War
es wirklich die "Emmy"?
Heimatfreund Egon Hampel aus Steinseiffen, bereits im Beitrag erwähnt,
berichtet, das sein Großvater, der auf dem Pfaffenberg so eine Art "Mädchen
für Alles" war, eines Tages zu seinem Vater sagte: "Der Göring
war auf dem Pfaffenberg zu Besuch." Herr Hampel war damals noch sehr jung,
es könnte vor Ausbruch des Krieges gewesen sein. Das würde sich mit
der Aussage von Hans-Eberhard Pohl decken, über dessen Aussage ich in der
"Schlesischen-Bergwacht", Nr. 11, vom 5. November 2012, Seite 498,
berichtet habe. Auch Frau Glass konnte sich an den Besuch damals in Krummhübel
erinnern.
An der Aussage der Frauen Tabis, über ein Sanatorium für deutsche
Flieger könnte etwas dran sein, legt man die Aussage von Heimatfreund Grimmig
dafür zu Grunde. Beschlagnahmt wurden die Gebäude jedoch nicht, dafür
gibt es keinerlei Hinweise. Auch als Lazarett, wie ich verschiedentlich hörte,
diente das Hotel nicht. Frau Bertram, die langjährige Heimatbetreuerin
von Steinseiffen, war während des Krieges in der Verwaltung des Lazarettwesens
in Krummhübel tätig, sie hätte das gewusst und mir mitgeteilt.
Das Restaurant war aber immer etwas besonderes, heute würden wir es vielleicht
als "Sterne-Restaurant" bezeichnen. Für den kleinen Geldbeutel
war es nicht geschaffen. Frau Glass erzählte mir, das der Briefträger
Wilhelm Hübner zu ihr sagte, natürlich in reinster Mundart, die ich
nicht wiedergeben kann: "Das Restaurant ist nicht für uns kleine Leute
geschaffen, da kann man nicht mehr hingehen". Frau Kallert aus Krummhübel
berichtete, dass ihr Vater, der Delikatessenhändler, trotz der kriegsbedingten
Notlage von Lebensmitteln, immer einige lukullische Besonderheiten auf Lager
hatte, die samt und sonders für den Pfaffenberg bestimmt waren.
Frau Dr. Antje Johanning-Radžiené aus Berlin, sie forscht im Nachlass
von Gerhart und Margarete Hauptmann, schrieb mir, dass sie einen Brief gefunden
hat, wo der Baron Pergler von Perglas 1939, Gerhart und Margarete Hauptmann
zum Kaffeetrinken in sein Hotel in Krummhübel einlädt. In die Schar
der auserwählten Gäste passen auch die betuchten Mitarbeiter des Auswärtigen
Amtes, die von 1943 bis 1945 in Krummhübel tätig waren. Hier ein Auszug
aus "Die Berliner Tagebücher der Marie "Missie" Wassiltschikow
1940 1945 wo Graf von der Schulenburg, ehemaliger Botschafter des Deutschen
Reiches in der Sowjetunion, seine junge Mitarbeiterin, zum Abendessen einlädt.
Im Tagebuch der "Missie" lesen wir unter: Samstag, 25. März 1944:
"Hörte um Mittag zu arbeiten auf, zog mich um, traf mich mit Graf
Schulenburg und seinem Assistenten und dann fuhren wir gemeinsam in einem von
A.A. Pferden gezogenen Schlitten auf den Pfaffenberg, einem bewaldeten Hügel,
der sich mitten in unserm Tal erhebt".
Weiter heißt es dann:
"Auf der Hügelkuppe steht ein kleines Schloß, das einem Baron
N. gehört, der zahlende Gäste aufnimmt, und bei dem man auch nach
vorheriger Bestellung zu Abend essen kann. Wir wurden vom Hausherrn und seiner
Frau sehr reizend empfangen; sobald das Abendessen angekündet wurde, zogen
sie sich zurück. Man führte uns in einen kleinen Speisesaal mit verblichenem
blauweißem Chintz, romantischer Beleuchtung und all jenen kleinen Dingen,
die wir bei unserem trostlosen Dasein unten im Dorf schon längst vergessen
haben. Man setzte uns ein köstliches Abendessen vor, das in Pfirsichen
mit Schlagsahne gipfelte. Wir freuten uns wie kleine Kinder. Später gesellten
sich unsere Gastgeber wieder hinzu und führten uns durch das Haus. Sie
besitzen sogar ein kleines Gewächshaus und zeigten uns stolz ihre erste
Rose. Nach einem weiteren Cognac erschien der Schlitten wieder und fuhr uns
nach Krummhübel hinüber."
Die wohl wertvollsten und umfassendsten
Informationen über das Leben auf dem Pfaffenberg während der Zeit
des Krieges stammen von einer jungen Frau,
die 1939 als Arbeiterin nach Krummhübel kam und uns Aufzeichnungen hinterlassen
hat, welche von ihren Enkelkindern nach ihrem Tode ins Internet gestellt wurden.
Herr Kawaletz hat die Seite gefunden, sie mir zukommen lassen und mir auch die
vermeintliche Herkunft dieser Frau erklärt.
Diese Frau, von ihren Enkel später Babcia / Großmutter genannt, wurde
1920 in Königshütte / Oberschlesien geboren. Zwei Jahre später
kam die Stadt, obwohl bei der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März1921
fast 75 Prozent für einen Verbleib bei Deutschland gestimmt hatten zu Polen
und hieß Królewska Huta, ab 1943 dann Chorzow. Seit Oktober 1939
gehörte Chorzów, jetzt wieder Königshütte als Stadtkreis
zum Regierungsbezirk Kattowitz in der preußischen Provinz Schlesien, ab
1941 zu Oberschlesien. Babcia hat nach 1939 die "Volksliste 3" bekommen.
Das bedeutete "deutscher Abstammung", auch wenn sie vielleicht nicht
mehr Deutsch sprachen. Sie bekam die deutsche Staatsangehörigkeit auf Widerruf.
Mit so einer Bescheinigung kam Babcia nach Krummhübel. Es handelt sich
dabei um eine Übersetzung aus dem Polnischen, die aber aber für den
Leser verständlich ist. Die Zwischentexte stammen von ihren Enkeln.
Die erste Geschichte beschreibt die Kriegszeit unserer Großmutter, die
während des Krieges in Krummhügel als Hilfe im geführten Gästehaus
vom Freiherr Perglas gearbeitet hat.
"Was soll man in den Koffer
reinwerfen, wenn man für vier Jahre verreist? Wie viele Kleider, wie viele
Paar Schuhe? Gequält mit dieser Zerrissenheit, warteten zwei junge Mädchen
aus Chorzów (Königshütte-O.S.), ungeduldig auf den Zug nach
Breslau. Es war ein warmer Mai Morgen des Jahres 1940."
Einundsechzig Jahre später im November. Hinter den Fenstern beginnt der
Winter auf seine Rechte zu pochen und presste mit Eis das Wasser in die Pfützen.
Vormittags in der Küche von Oma (Babcia). Die alte Dame tummelt sich energisch
zwischen Herd und Tisch und bereitet die Mahlzeit vor. Heute ist Sonntag, deshalb
werden zum Mittagessen schlesische Klöße, Rouladen, Soße mit
Paprika und Rotkraut aufgetischt. Alles reichlich mit Erinnerungen gewürzt.
Als 1939 der "Deutsche" kam, war sie jung und schön und hatte
ihr ganzes Leben vor sich. Ein einfaches Mädchen, wie Tausende andere.
Sie half ihrer Mutter, sie hat gelernt wie sie in der Zukunft ihren eigenen
Haushalt führen soll und sie verabredete sich zum Rendezvous. Der Krieg
hat in dieser Hinsicht nicht viel geändert.
"Über die Tatsache, dass wir einen Krieg haben, haben wir auf den
Plakaten gelesen. Viele von ihnen haben sie aufgehängt. Wir haben in der
Nähe der Grenze gelebt und der Krieg hat uns verschont. Die Leute hatten
früher keinen Fernseher, kaum jemand hatte ein Radio, deshalb wurden die
Informationen über Plakate verkündigt. Bis zu Szarlocin (Charlottenhof),
ein Stadtteil von Chorzow (Königshütte) in dem ich wohnte, kam die
Front im Jahre 1939 nicht, aber der Krieg dauerte in Ämtern. Erst dann
begann es. Mit den Vorladungen, Volkslisten, Lebensmittelkarten und Zuteilungen,
der Mensch musste sich damit herum schlagen, denn alles bekam man nun nur noch
auf Karten. Bald wurde damit begonnen die Menschen zur Zwangsarbeit zu schicken.
Im Amt hat sich dann herausgestellt, dass es in Polen für uns keine Arbeit
gibt, deswegen schickten sie die Leute nach Deutschland. Ich hatte Glück,
meine Freundin hatte herausgefunden, ich weiß nicht wie, dass in Krummhübel
im Schloß Dienstmädchen zur Arbeit gebraucht wurden. Sie hat mich
gefragt, ob ich mit ihr fahren würde. Ich war jung und der Bedrohung unbewusst,
deswegen war ich einverstanden. Wenn ich abgesagt hätte, hätten sie
mich sowieso irgendwo in eine Fabrik oder ins Feld geschickt."
Auf diese Weise fanden sich zwei zwanzigjährige, Ela und Wanda, auf dem
Bahnhof, um noch einen Zug nach Breslau zu bekommen.
Das erste Jahr des Krieges verging.
Vor Ort, in Krummhübel, so hieß damals Karpacz, die Arbeit war wirklich
vorhanden. Sie hat auf die Mädchen auf dem 628 Meter über dem Meeresspiegel
liegenden Berg gewartet, den Pfaffenberg genannt, heute Ksiê¿a
Góra. Dort, auf dem Gipfel, unter den Bäumen befand sich ein Gästehaus,
ein Hotel, benannt als "Schlösschen" durch Frau Elisabeth (Schwester
des Barons der Verfasser), die zur Familie der deutschen Freiherren gehörte.
Das Schlösschen hat sich als eine große Villa erwiesen, die im alpenländischen
Stil im Jahre 1913 (richtig ist 1897, d. V.)) erbaut wurde.
Herr Kurt und Frau Agnes Pergler von Perglas empfangen in ihr die wichtigen und weniger wichtigen deutschen Gäste, die nach Krummhübel kamen, um sich zu erholen nach den kämpferischen Strapazen an der Seite des Führers. Die Mädchen haben in einem separaten Gebäude gewohnt, wo neben ihnen noch fünf junge Frauen, die auch im Hotel gearbeitet haben, einquartiert waren. Zwei von ihnen kamen aus Frankreich, der Rest aus Polen. Nur ein Mädchen, Włdysław, musste um den Arm eine Binde mit dem Buchstaben "P" tragen, damit alle wussten, dass sie eine Polin war, aber die Freiherren hatten ihr befohlen sie zu verstecken, dass sie normal unter den deutschen Gästen arbeiten konnte.
"Ich hatte früher eine
drei mit der Abrufung aus der Volksliste, aber die Freiherren haben nicht verstanden,
was so etwas bedeutet. Sie haben immer wiederholt, dass es so etwas wie Volksdeutsche
nicht gibt, entweder ist man Deutscher oder Pole. Und niemand hat darauf geachtet.
Ich hatte keine Probleme mit der Sprache, weil ich sie zu Hause gelernt habe.
Wir haben an der Grenze gewohnt, und die Eltern haben mit mir sowohl polnisch
als deutsch gesprochen. Sie haben gemeint, dass ich die Sprache können
sollte. Übrigens, sie haben die deutsche Schule beendet und sie konnten
besser Deutsch als polnisch lesen. Andere Mädchen haben ebenfalls deutsch
gesprochen. In der Hauswirtschaft herrschte uneingeschränkt eine Köchin,
mächtig an Geist und Körper, deutscher Herkunft, die eine große
Abneigung gegen den Führer hatte und gegen die neuen Lebensbedienungen,
die er eingeführt hatte. Durch diese Abneigung hat sie schon vor dem Krieg
ihr Hab und Gut verloren und sie musste beim Freiherrn arbeiten. Wenn Hitler
sprach, befahl man uns in das Zimmer zu gehen, wo das Radio stand und seine
Rede im Stehen anzuhören. Unsere Köchin wollte nie dorthin gehen,
sie hasste es ihn zu hören."
Diese starke Frau nahm die jungen Dienstmädchen in ihre Obhut und manchmal
verteidigte sie sie vor der Ungerechtigkeit und dem Zorn des Freiherrn. Manchmal
legte sie in der Küche für die Mädchen Leckereien zurück,
die ihnen laut der Lebensmittelzuweisung nicht zustanden.
"Wir haben täglich drei Scheiben Brot bekommen, dazu eine Tasse
Marmelade für eine Woche und 10 Dekagramm Butter. Das war nicht viel. Eine
von den Mädchen, die wir Gela riefen, hat immer ihre Butterration während
der ersten zwei Tage schon verbraucht. Sie hat dabei gesagt, ich möchte
schmecken, dass ich Brot mit Butter esse, danach kann ich es dann trocken essen!
Am Mittwoch brachte der Helfer des Bäckers Brötchen. Jedes Mädchen
bekam ein Brötchen. Mein Brötchen hat mir der Helfer persönlich
gegeben, und wenn ich gerade nicht da war, mussten sie mich im ganzen Schlösschen
suchen. Zum Mittagessen gab es eine einfachere Version der Mahlzeiten für
die Gäste, meist ohne Fleisch. Von Zeit zu Zeit bekamen wir spezielle Karten
für Bekleidung und Schuhe. Der Arbeitstag begann um 7 Uhr. Zu meinen Aufgaben
gehörte es die Zimmer sauber zu halten, Betten machen und Antworten auf
die Anfragen der Hotelgäste zu geben, die in ihren Räumen eine entsprechende
Klingel hatten. Nicht immer hat man sofort die Klingel gehört und später
war die Freiherrin böse, dass wir zu spät kommen und die Gäste
warten mussten. In der Regel jedoch kam ich ins Zimmer, wenn die Gäste
schon gegangen waren, um dort Ordnung zu machen. Ich war jung und dumm. Ich
kannte viele Dinge nicht, die elegante Damen erlebt hatten, deswegen wollte
ich alles ausprobieren. Einmal habe ich im Zimmer einer Deutschen ein Fläschchen
schön riechendes Parfüm gefunden, ein bisschen habe ich mir "ausgeliehen",
und dass niemand den Verlust bemerkte, goss ich Wasser nach. Seitdem weiß
ich, dass man Wasser nicht ins Parfüm gießen darf, weil sich dann
eine weiße Schwebeschicht bildet und der Betrug ans Tageslicht kommt.
Zum Glück konnte ich mich irgendwie bei dieser Deutschen entschuldigen
und ich hatte keine Schwierigkeiten. Eine freie Stunde am Tag gab es für
das Umziehen von einer Arbeitskleidung auf eine andere, die besser geeignet
war für die Arbeit in der Küche, wo wir den Rest des Tages verbrachten.
Sie ließen mich dort natürlich nicht kochen, aber ich habe dort gespült
und sauber gemacht. Als die Zeit des Mittagessens und später des Abendessens
kam, übten wir uns in der Rolle der Kellnerin. Immer musste man höflich
sein und lächelnd, man musste vorsichtig sein, dass der Finger nicht in
die Suppe kommt, dass nichts von dem Teller fällt oder verschüttet
wird. Wir waren ein wenig nervös, weil die Freiherrin uns immer sorgfältig
beobachtet hat. Natürlich gab es Unfälle. Ich servierte einmal einem
deutschen Doktor ein Frühstück, der mit seiner Familie am Tisch saß.
Dabei rutschte mir ein Kännchen heißer Kaffee vom Tablett und landete
auf seiner Hose. Er war ein Arzt, deswegen konnte er sich selbst helfen und
zum Glück ist nichts passiert."
Das zweite Jahr des Krieges verging.
Im November schloss man das Hotel für den gesamten Monat. Jedes
Mädchen konnte dann ihren zustehenden zweiwöchigen Urlaub nutzen.
"Ich kehrte zurück nach Hause, aber ich wusste, dass ich nach zwei
Wochen wieder auf den Pfaffenberg zurückfahren musste, weil sonst die Deutschen
mich zur Zwangsarbeit in irgendeine Fabrik oder zu einem Bauern aufs Feld schicken
würden. Übrigens, auf dem Pfaffenberg war es nicht so schlimm. Für
meine Arbeit habe ich 36 Marken pro Monat bekommen, davon schickte ich einen
Teil zu meiner Mutter nach Hause. Dort brauchte man jeden Groschen. Wir hatten
nie zu viel Geld. Die Eltern konnten es sich nicht leisten eine Lehre für
mich bei einer Schneiderin zu ermöglichen, weil es bedeuten würde,
12 Zloty dafür pro Monat zu bezahlen."
Aus dem ersten Urlaub kam die Großmutter nach Krummhübel mit einer
um fünf Jahre jüngeren Freundin zurück.
"Ihre Mutter hat mich gefragt, ob sich beim Freiherrn nicht ein Platz
für die Broni finden kann. Ich wusste, dass die Arbeit da war, deswegen
fuhren wir dorthin zusammen. Schnell wurde aber klar, dass im Hotel mehr Mädchen
beschäftigt waren als Arbeit war und die Freiherrin gab eins zur Arbeit
ins für die deutschen Soldaten Sanatorium, das sich am Fuße des Pfaffenberges
befand. Dorthin wurde Wanda abgeordnet, die früher dem Freiherrn in seinem
Gewächshaus ausgeholfen hatte. Diese Tatsache war die Grundlage zu bösartigen
Gerüchten, wonach für acht Mädchen nicht genug Arbeit im Hotel
war, aber die Freiherrin fühlte sich eifersüchtig um die Schönheit
Wandas und hatte Angst um ihren Mann, deswegen gab sie das Mädchen ins
Sanatorium (Waldfrieden in Steinseiffen der Verfasser). Der Beweis, der die
Vorwürfe gegenüber der Freiherrin unterstütz sollten, war die
Tatsache, dass Wanda im Sanatorium nicht viel Arbeit hatte und offen gesagt,
hatte sie dort Langeweile, währenddessen die anderen Mädchen im Hotel
den ganzen Tag schwer gearbeitet haben." (P2)
Das dritte Jahr des
Krieges verging.
Die Mädchen waren jetzt öfter im Städtchen, sie gingen
Wanda besuchen. Die Besuche bei Wanda bedeuteten ein Treffen mit jungen Soldaten
im Sanatorium. Im Städtchen waren die Soldaten der Wehrmacht, im Hotel
nicht selten die SS-Offiziere. Die nationalen Gegensätze haben sich als
ungültig erwiesen.
"Wenn die jungen Mädchen die jungen Burschen sehen, denken sie
nur an das eine. Wichtig waren aber andere Sachen als die, ob man Polin, Französin
oder Deutsche ist. Und sie luden uns ins Restaurant, auf Kaffee oder zum Mittagessen
ein und zahlten für uns. Als Gegenleistung erwarteten sie nur ein Lächeln
und ein warmes Wort, bevor sie an die Fron zurückkehrten. Sie waren nett,
höflich, sie waren normale Menschen. Sie haben sich benommen, wie alle
andere Menschen, die einen Urlaub machten, sie gingen spazieren, und nahmen
ein Sonnenbad auf der Terrasse."
Von den Patienten des Sanatoriums haben die Mädchen erfahren, dass sie
von der Freiherrin noch Karten für Obst und Gemüse bekommen sollen.
Niemals aber haben sie diese erhalten. Im Jahre 1943 kam die Tochter der Freiherrin,
Eleonora, auf die Welt.
"Das Kommen Eleonoras auf die Welt, bedeutete für mich neue Verpflichtungen.
Morgens hatten sie mich in die Stadt nach Milch geschickt. Ich musste einen
schmalen Pfad mit einer großen Milchkanne, die auf meine Beine hin und
her schlug, heruntergehen. Es war zu früh, um irgendwelche Gäste zu
treffen, so begleitete mich nur Bobi, ein großer Hund, vor dem ich eine
tödliche Angst hatte, aber was sehr wichtig war, er mochte mich, weil er
ständig hinter mir lief. Oder es ging ihm nur um die Milch? Ich musste
jetzt auch in der Wäscherei arbeiten. Der Mensch hat von morgens bis abends
gearbeitet und hörte nur fix und fix." (P17) (P16)
Arbeit bedeutete jedoch nicht, dass
die Mädchen keine Zeit für die Unterhaltung hatten. Die jungen Seelen
verlangten nach Spaß.
"Wir haben uns mit den Jungs aus der Stadt getroffen. Mich hat zweimal
mein Verlobter besucht und es kam auch meine Mutter mit meinem Vater. Irgendwann,
aus Anlass des Geburtstages der Schwester der Freiherrin, haben wir ein Kostümfest
veranstaltet. Die Kostüme machten wir uns aus Schlafhemden, Gardinen oder
aus alten Kleidungen, die wir auf dem Dachboden gefunden haben. Allem haben
sie gut gefallen, selbst der Freiherr hat von uns ein Foto gemacht."
Das vierte Jahr des
Krieges verging.
Jedes Jahr im Dezember, mussten alle Mädchen auf dem Pfaffenberg
sein, und das bedeutete, dass die Feiertage weit von der Familie zu verbringen
sind. Am Heiligabend haben in der Regel die Freiherren und Hotelgäste eine
Gans gegessen. Die Dienerschaft aß eine Weißwurst und hatten die
Erlaubnis einige polnische Weihnachtslieder zu singen.
"Wir wollten die Tradition beibehalten und am Heiligabend Fisch essen und wir wussten, dass die Freiherren in der Wäscherei, in einer großen Wanne, Karpfen hielten. An einem Heiligabend, eine von uns, Wanda, ging durch ein kleines Fenster rein, und klaute einen Fisch. Wir hatten Angst, aber sie hat uns überzeugt, dass es niemand bemerkt hat und dort viele Fischer waren. Wanda war von uns die selbstbewussteste und sich immer sehr sicher. Auf die Verschwörer wartete jedoch ein anderes, schwer zu lösen Problem. Durch hoch platziertes Fensterchen konnte man in die Wäscherei dank einer Leiter reingehen, drin jedoch war keine Leiter. Wir mussten ihr dort irgendwelche Bretter reinwerfen und dann kam sie schließlich herein. Aber wie viel Angst haben wir dabei gehabt! Der erbeutete Fisch wurde gebraten, auch auf einem "legalen" Schmalz. Ein furchtbarer Geruch breitete sich fast durch die ganze Gegend aus. Das Glück war auf unserer Seite, weil niemand über den ungewöhnlichen Heiligabend erfuhr, auch wenn schon, hat er es nicht verraten."
Das fünfte Jahr
des Krieges verging.
Vier Jahre der Jugend, die schönste für einen Menschen, aber
die schlimmste für die Weltgeschichte. Die Großmutter kehrte in diese
Zeit oft mit ihren Erinnerungen zurück. Dank ihrer Erfahrung, konnte sie
ihre Töchter unterrichten, später auch ihre Enkelinnen, und die Erzählungen
über das Abenteuer von jungen Dienstmädchen, besonders über die
Heldentaten von Wanda, mit dem Freiherren von Perglas, waren berühmt in
der ganzen Familie Auf den Berg kamen selten die Geräusche des Krieges
und im Schlösschen hat man eher darüber nicht gesprochen. Im Oktober
1944 heiratete die Schwester der Großmutter, und aus diesem Anlass ist
es ihr gelungen eine Sonderbeurlaubung zu bekommen, und sie fuhr nach Hause
zu einer Familienfeier.
" Ich kam nicht zurück. Zu Hause habe ich erfahren, dass
die Russen kommen, und die Leute sagten, dass die sich wie die Wilden benehmen,
also hatte ich Angst alleine so weit vom Zuhause zu fahren, und außerdem
hat Vater mir absolut verboten irgendwo zu fahren, und sprach über baldiges
Ende des Krieges."
Zum Schluss blieb nur eine junge Kollegin von Frau Elżbieta, Bronia. Als
die Front nach Krummhübel kam, schloss der Freiherr einfach alles mit Schlüssel
ab und alle sind mit Kleinigkeiten im Koffer abgereist. Vorher schickte man
den Rest von Sachen in Paketen und ein Teil hat man angeblich unter dem Schloss
vergraben, aber das ist wahrscheinlich nur eine Legende. Einige Jahre nach dem
Krieg kehrte die Großmutter dorthin zurück. Sie wurde von ihrem Mann
begleitet, der sie als Verlobter schon dort besuchte, als sie im Hotel auf dem
Pfaffenberg gearbeitet hat.
" Bei Freiherren habe ich Disziplin und ehrliche Arbeit gelernt.
Kein Mädchen hat mir Schwierigkeiten gemacht. Wir waren artig und gut erzogen.
Leid hatten wir nicht, aber das Bewusstsein, dass ich nicht so die Arbeit aufgeben
und nach Hause zurückkehren konnte. Und deshalb, obwohl ich dorthin freiwillig
fuhr, fühlte ich, dass das eine Zwangsarbeit ist."
Der Zweite Weltkrieg hat sechs Jahre gedauert, aber das Leben geht weiter, so
dass manche die Hindernisse des zwanzigsten Jahrhunderts vermeiden konnten.
Wenn einige ihre Toten begruben, andere freuten sich wegen Hochzeiten und Rückkehr
in die Heimat. Für einige waren diese Zeiten ein großes Abenteuer,
für andere eine Tragödie. Ist es eine Frage des Glücks? Zu einigen
hat sogar das Schicksal gelächelt, wenn herum die Welt im kriegerischen
Feuer untergeht, ihr Leben verging möglichst ruhig. Von andren forderte
man die höchsten Opfer. Vielleicht liegt das an uns, dass wir in jeder
Situation die Sonne sehen sollen, irgendwo am Horizont?
Schlösschen nach dem Krieg.
Nach dem Krieg wurde das Schlösschen eine Erholungsvilla von Bolesławia
Bierut und der Regierung. Um die Wende von den 50er zu den 60er Jahren hat im
vererbten Schlösschen die Zentrale für Industrielle Holzlieferung
der Kohleindustrie in Kattowitz Generalüberholung gemacht, und dann war
ich dort als kleines Kind mit meinen Eltern im Urlaub. Das Schlösschen
war auch von außen zugänglich nach der Aufhebung von Solidarnośc
im Jahr 1982 und dann sah ich es als junger Mann. Derzeit ist das Schlösschen
unter der Verwaltung des Niederschlesischen Woiwodschaftsamtes.
Soweit die Aufzeichnungen dieser damals jungen Frau, die ihre Enkel "Babcia"
nennen und die ohne Hass und mit wenig Wehmut die damalige schwierige Zeit charakterisieren.
Ein einzigartiges Zeitdokument und hinreichender Beweis, dass der Pfaffenberg
eben nicht die Residenz Görings war. Wäre es anders gewesen, Babcia
hätte es uns gesagt.
Als eine höchstinteressante Gesprächspartnerin erwies sich Frau König,
geb. Opitz, aus Querseiffen. Mit ihrer Mutter kam die damals 14jährige,
bereits unter polnischer Verwaltung. auf den Pfaffenberg, um Reinigungsarbeiten
durchzuführen. Der Anreiz war eine kostenlose Verpflegung, an Bezahlung
war in dieser Zeit nicht zu denken.
Als sie oben eintrafen gab es dort nur eine alte Frau, Koretzka oder ähnlich
mit Namen, die in Begleitung eines altersschwachen Hundes (Boxer), vielleicht
war es der von Babcia beschriebene Bobi, so eine Art Aufsicht war. Mehrere Tage
später, die Reinigungsarbeiten waren beendet traf ein Lastwagen mit ca.
30 Militärpersonen, bewaffnet und mit Hunden im Gefolge, auf dem Pfaffenberg
ein. Sie kamen in der Wohnung des Gärtners und des Schofförs, sowie
in dem Pförtnerhaus an der Buschmühle unter. Kurze Zeit später
war die alte Frau und auch der Hund verschwunden. Den Hund fand man dann erschossen
am Hang liegen. Sein Kadaver war mit Einschüssen übersät. Wahrscheinlich
hatte man ein ganzes MP-Magazin auf ihn abgefeuert. Die alte Frau war in einem
kleinen Haus in Richtung Steinseiffen / Tannigt untergekommen. Frau König
erfuhr es von ihrer Mutter, da sie ihr Essen bringen musste.
Tage später trafen dann PKW´s mit Zivilisten ein. Es war Bolesławia
Bierut, Erster Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei Polens, mit Familie
und Gefolge. Die Gäste wurden ihnen natürlich nicht vorgestellt, aber
von den zahlreichen Plakaten her, die überall in Krummhübel, jetzt
wohl Krzywa Gora, vielleicht auch schon Karpacz, hingen, war der Gast hinreichend
bekannt. Ihre Mutter war weiter als Köchin beschäftigt und sie selbst
musste bedienen. Die größte Sorge bestand damals darin, ob es wohl
den hohen Gästen schmeckt oder ob Beschwerden kommen. Es hat aber in der
ganzen Zeit keine Beanstandungen gegeben. Neben dem Schloss Pfaffenberg war
auch das Haus "Brunhilde" in Brückenberg, unterhalb vom Hotel
"Sanssouci", vorher im Besitz von Tischlermeister Paul Tietze, requiriert
worden. Vielleicht auch ein Grund warum Brückenberg nach Bierut in "Bierutowice"
umbenannt wurde.
Dort oben war wohl auch eine Art Lager untergebracht, denn immer wenn etwas
in Küche oder Haus fehlte musste es von dort angefordert werden. Die telefonischen
Anrufe musste Frau König übernehmen, da sie sich ein paar Brocken
Polnisch angeeignet hatte.
Sie kann sich noch an viele Details
recht gut erinnern. Ein Offizier, vielleicht eine Art Adjutant, hatte einen
Hund bei sich. Dem sollte sie etwas zu fressen geben. Sie füllte also einen
Metallbehälter mit Fressbaren und stellte es dem Hund hin. Der fraß
aber nicht. Der Offizier griff danach in den Geschirrschrank, holte einen Porzellanteller
heraus, natürlich "Echt Meißen", schüttete das Essen
hinein und der Hund fraß. Sie glaubte er wäre sehr verwöhnt,
war er aber nicht. Er war wohlerzogen und entpuppte sich als ganz Lieber, der
auch Frau König in sein Herz geschlossen hatte, denn er suchte stets ihre
Nähe. Bierut war eigentlich freundlich und er hatte eine sehr hübsche
Frau. Weniger freundlich hat sie dagegen Jozef Cyrankiewicz, dem späteren
Ministerpräsidenten, in Erinnerung. Am 7. Dezember 1970 unterzeichneten
Jozef Cyrankiewicz für Polen und Willi Brandt, der zuvor seinen berühmten
Kniefall vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettoaufstandes
1943 getan hatte, für die Bundesrepublik Deutschland in Warschau den
Vertrag über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehung,
womit Westdeutschland die Oder-Neiße-Grenze anerkannte.
Im Sommer 1946 erfuhr die Mutter, dass die letzten Bewohner von Krummhübel
ausgewiesen werden sollten. Um nicht den Anschluss zu verpassen, verließen
sie ohne Vorankündigung fluchtartig den Pfaffenberg und schlossen sich
dem Transport an. Zu verlieren hatten sie nichts mehr, ihr kleines Häuschen
in Querseiffen war längst von den Polen beschlagnahmt worden und in Polen
wollten sie nicht bleiben. Zwischendurch wurde sie im Ort von einem Wachsoldaten
erkannt, der ihr erzählte, dass man sie und ihre Mutter überall suchte.
Er hat sie aber nicht verraten und sie erreichten nach den damals üblichen
Regularien, wie Viehwaggons, Lager in Hirschberg, Kontrollen usw., die damalige
Ostzone, wo Bibra in Thüringen ihre neue Heimat wurde.
Diese frühen Gäste tauchen in den Schriften der hier behandelten polnischen
Autoren nicht auf. Ryszard Rzepczyński schreibt: "Das hiesige Gerücht
verbreitet, dass sich hier in den 70er Jahren u.a. der Erste Sekretär der
Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR), Edward Gierek, erholt hat. Die
Einheimischen haben den Księżą Górę (Pfaffenberg) sehr
schnell auf "Gierek Berg" umbenannt. Und dieser Name hat sich ins
Gedächtnis von Krummhübler und Touristen eingeprägt.
Die Frauen Tabis, ihnen schließt sich Herr Aniol und natürlich auch
Frau Liwacz an, nennen uns als ersten Gast Władysław Gomułka,
dem damaligen Minister für die "wiedergewonnenen Gebiete im Westen."
Danach kamen auch Gierek, Jaruzelski, Walesa, Kwaśniewski, u. a.
Wegen der Wichtigkeit der Gäste war jeglicher Zugang zum Schloss streng
verboten.
Zu den ausländischen Gästen zählten u.a.: Angela Merkel und Vaclav
Havel.
Letzteres wage ich zu bezweifeln, denn es war die Zeit nach 1990 und schon Frau
Liwacz schätzt ein, dass Herrn Aniol noch viel Arbeit bevorsteht bis das
Objekt wieder auf Vordermann gebracht wird. Auch ich war nach 1990 auf dem Pfaffenberg
und konnte mich, wenn auch nur von Außen, von dem desolaten Zustand des
Anwesens überzeugen.
Daher werden die polnischen Repräsentanten ihren Staatsgästen wohl
kaum den Pfaffenberg zugemutet haben.
Für die Bewohner von Krummhübel, Steinseiffen und Umgebung vielleicht
interessant, das dieses Objekt zu Beginn der 70er Jahre durch die Papierfabrik
in Karpacz, ehemals die Papierfabrik Franke in Birkigt, übernommen und
zu einem Erholungsheim umgebaut wurde. Ab 1976 begann die Generalüberholung
und die dauerte bis 1979. Nach der Sanierung entstand im "Schlösschen"
ein Hotel für Personen der Staatsmacht, die dienstlich die Woiwodschaft
Hirschberg besuchten. So funktionierte es bis 1990.
Das Kapitel "Geheimnisvoller Pfaffenberg" endet im Buch mit folgenden
Sätzen:
"Derzeit ist das "Schlösschen" im Besitz des Niederschlesischen
Woiwodschaftsamtes in Breslau, mit der Verwendung für Urlaub für die
Mitglieder der Staatsverwaltung, für die Schulungen von Verwaltungspersonal
und für Konferenzen. Das "Schlösschen" ist eingezäunt,
hat ein abgeschlossenes Eingangstor, das Gebäude überwachen Schutzhunde
und steht der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Ohne besondere Erlaubnis
der Behörden von Breslau darf man sogar den Berg nicht aufsteigen, und
kann das wunderbare Panorama vom Riesengebirge nicht bewundern. Vielleicht ist
es besser über den geheimvollen "Księżą Górę"
(Pfaffenberg) nichts wissen?"
Damit endet eigentlich die Geschichte vom Pfaffenberg, aber was wäre eine
Geschichte über einen Berg, inmitten des Riesengebirges, ohne den Berggeist
Rübezahl wohl wert? Daher eine ganz andere Geschichte, ob Wahrheit oder
Dichtung, der Leser muss es entscheiden.
Vom Pfaffenberge
Vor Urzeiten, als das Hirschberger Tal noch keine Hügel aufzuweisen hatte,
gab es nur einen Kranz von Bergen um die Ebene.
Im Melzergrund herrschte reges Leben. Berggeister schleppten in langem Zuge
Säcke, Kisten und Kasten, gefüllt mit den Erträgnissen des Landes.
Andere rollten Fässer voll goldigen Weines in die Wildnis. Geschäftig
regten sich tausend Hände. Unten im Tale wirbelte der Staub. Gewaltige
Zugtiere schleppten an langen Seilen eine stattliche Anzahl von Lastwagen heran,
auf denen der Leibpfaffe Rübezahls, der Pfaffe Würzwein, seinen schweren
Leib gebettet hatte. Von allen Bergkuppen ertönten Pauken und Trompeten
zur Begrüßung des wohlbeleibten Gastes, der alljährlich einmal
von seinem Herrn und Gebieter zur Hoftafel entboten ward.
Das kam dem Pfaffen Würzwein nicht ungelegen. Die Abgaben der Bauern des
Tales, die der Pfaffe gern 365 Mal im Jahr erhoben hätte, reichten nicht
hin und her. So musste er die Anstrengungen der Reise auf sich nehmen. Auch
der Berggeist sah den Tag, an dem sein Leibpfaffe bewirtet werden sollte mit
Bangen entgegen. Besorgten Auges übersah er seine Rinder, Rehe und Hasen,
sowie anderes Getier, wusste er doch, das an diesem einzigen Tag viele ihr Leben
lassen mussten, zum größten Teil zur Befriedigung des unersättlichen
Hauskaplans.
Der Berggeist hatte in weiser Voraussicht 200 seiner Knappen den Befehl gegeben,
bereits die Tafel reichlich zu decken. Die Düfte zogen durch das ganze
Tal und der Leibpfaffe sog sie schon aus der Ferne genießerisch ein.
Schon von weitem waren die Düfte des Mahles ein. Endlich hatte der Zug
sein Ziel erreicht. Der Pfaffe neigte sich nach demütiger Begrüßung
seines Herrn sanft zur Seite und bedeckte mit seinem Leibe eine gewaltige Fläche
des Landes.
Nun begann ein gewaltiges Schmausen, welches dem Berggeiste die Haare zu Berge
steigen ließ. Obwohl er selbst auch gewaltig zu langte konnte er den Kaplan
nicht übertreffen. Irgendwann hatte der Bergegeist erkannt, das, wenn die
Atzung des Kaplans kein Ende nehme, wäre es schwierig den vollen Leib ohne
Gefahr zu Tale zu schaffen. Er gab den Befehl den Schmaus zu beenden und befahl
zum Aufbruch. Aber o weh, der Befehl kam zu spät, der Kaplan war zu dick
geworden. Nur mit großen Schwierigkeiten gelang es nun den Kaplan aus
seiner misslichen Lage zu befreien und unter unzähligen Mühen ins
Tal zu bringen.
Nach 8 Wochen der großen Anstrengung des Mahles verstarb Würzwein
an Fettleibigkeit.
Er fiel als ein Opfer seines Berufs. Ein Schlaganfall traf den reich ausgestatteten
Körper. Es war ein Schlag der das ganze Gebirge erzittern ließ.
Nachdem der Berggeist sich einigermaßen von der Trauer über den Verlust
seines unersättlichen Hauspfaffen erholt hatte, ließ er zwischen
Krummhübel und Steinseiffen dem Verblichenen ein Denkmal in der Höhe
seines Leibes setzen. Damit aber die Sache nicht ruchbar würde, bildete
er auch an anderen Orten des Hirschberger Tales aus dem massenhaften Urschlamm
seiner Berge größere oder kleinere Hügel, wie sie jetzt noch
zu finden sind.
Das Volk hatte aber recht gut bemerkt, wo und wie der Pfaffe Würzwein sein Leben verloren hatte und nannte daher das Denkmal seines Seelsorgers den "Pfaffenberg".
Es war ein kleiner Kobold, der dem
Verfasser dieser Zeilen, die Geschichte der Entstehung des Pfaffenberges mitteilte.
Vielleicht hat der neckische Kobold auch nicht die Wahrheit gesagt und seine
Geschichte ein einziger Schnickschnack ist allein es liegt ja auch gar
nicht viel daran, die Wahrheit zu ergründen.
Der Pfaffenberg ist in früheren Jahren weit schöner gewesen, als er
sich heute dem Beschauer darbietet. Aber trotzdem ist der Berg in seiner heutigen
Gestalt von großem Interesse. Seine Höhe gestattet einen weiten Blick
in die Weite des Hirschberger Tales und auf das Hochgebirge. Den Gipfel des
Berges schmückt ein im Schweizerstil erbautes massives Haus, von dessen
Galerie herab der Besucher, vor den Sonnenstrahlen durch das weit vorspringende
schräge Dach geschützt, sich ganz dem Genuss der herrlichen Natur
sich hingeben kann. Der Pfaffenberg wurde zu wenig besucht. Eigentlich sollte
jeder Besucher des Hochgebirges sich die geringe Mühe machen und den Berg
besteigen, um die beschriebene Aussicht zu genießen. Dazu erwartet ihn
obendrein noch eine vorzügliche Küche und Keller, welche von freundlichen
Wirtsleuten geführt wird und den Wanderer erlabt.
Nur eines, Wanderer, darfst du auf dem Pfaffenberge nicht verlangen, wenn Du
nicht Deinen Wirt in Verlegenheit setzen willst! Vernimm mit Fassung die traurige
Kunde: Schnaps in jeder Facon ist auf dem Pfaffenberge verpönt! Der frühere
Wirt hatte die volle Concession zum Ausschank von Wein, Bier und Schnaps. Der
jetzige Wirt hat nur die Concession für die beiden erstgenannten Getränke.
Warum? Darum! Wenn Du also den Pfaffenberg besteigst, sorge das Deine
Reisetasche nicht leer sei; denn die erste Touristenregel lautet: Ehe Du Dir
einen Schoppen kaltes Bier in den Leib schlägst, nimm einen Schnaps zu
Dir aber nur einen!