von Karl-Heinz Drescher, Leipzig
Die neue Unterkunft war ein guter
Griff. Wer ihn gemacht hatte ist leider unbekannt. War es wieder Friedlaender,
oder Dr. Schwerin, vielleicht auch Lehrer Lösche, mit dem noch eine Brieffreundschaft
bestand, wir wissen es nicht. Mit dem Haus am Gehängeweg hatte man wohl das
Richtige getroffen. An der Rückseite führte der damals häufig benutzte Koppenweg
entlang und rundum lagen weite Wiesenflächen. Im Hintergrund die bewaldete Lehne.
Die Besitzer waren als brave und saubere Leute bekannt. Der Besitzer, Vinzens
Meergans, war vor fünfzehn Jahren aus dem Böhmischen herübergekommen.
Der Name Meergans war etwas ungewöhnlich, das war auch der Grund, dass der bekannte
Schriftsteller und Theaterkritiker, von 1898 1910 Direktor des Wiener
Burgtheaters, Paul Schlenther, sich verschrieben und einen Brief ins Haus "Meerschwein"
geschickt hatte.
Fünf Jahre später, 1892, setzt der Meister mit der Novelle "Der alte Wilhelm"
dem Meergans-Hause ein freundliches Denkmal. Ein Satz macht uns mit den Tagesgewohnheiten
des Dichters bekannt: "Ich ging dann auf eine nach der anderen Seite hin
gelegene Jelängerjelieber-Laube zu, die mir als Spezialbesitz gehörte. Da wollte
ich einen Brief schreiben und die Zeitung lesen".
Die Meinungsäußerung dazu vom Sohn Adolf kennen wir ja schon. Auch auf Mete,
des Dichters Tochter wurde ein Loblied gesungen. Als sich Mutter Meergans eine
Blutvergiftung zugezogen hatte, hat Mete im Stall geholfen. "Joa, sogoar
malka kunnte se ...." Er fügt hinzu; "so woahr, wie ich hier stiehe!" [1]
Vor des Dichters verwöhnten Gaumen haben die "Scholtzebaude" (sie
befand sich in Arnsdorf) und das Brückenberger "Schweizerhaus" Gnade
gefunden. Er lädt Friedlaender zum Abschiedsschmaus ins "Schweizerhaus",
"Wir rechnen nun also darauf, Sie beide morgen, Sonnabend noch mal zu sehen.
Sagen wir um sechs. Wir steigen dann gleich zu Leiser (Wirt vom "Schweizerhaus")
hinauf und "schlampampen" noch mal ..."
Ein rundum gelungener Urlaub. Das Haus Meergans steht nur noch zur Hälfte. Der
linke Flügel des Hauses wurde entfernt, da man den Platz für die neue Sommer-Rodel-Bahn
brauchte. Vom Haus Meergans führte ein Fußweg schräg nach unten zur Chaussee
und nach Überquerung derselben zu Rummlers Gasthof "Zum goldenen Frieden"
mit der Nr. 74. Fontane erwähnte sehr oft den Wirt und Besitzer Rummler. 1887
nahm er dort sein Mittagessen ein.
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Heute ist das Hotel unter dem Namen
"Mieszko" umgebaut und wesentlich vergrößert worden.
Vom "Goldenen Frieden" aus verläuft die Chaussee in einer Rechtskurve
weiter nach Ober-Krummhübel. Etwa in der Mitte dieser Kurve zweigt links ein
kleiner Weg zur Villa "Pottlich", der Nr. 200 ab. 1890, als Fontane
in der Brodtbaude wohnte, weilte er auf Einladung der Familie Treutler, einer
alten Patrizierfamilie aus Schmiedeberg, dort zum Essen. Das Haus war später
unter dem Namen Fremdenheim "Wilhelmshorst", eine sehr gepflegte Familienpension.
Der heutige polnische Besitzer hat das Haus "Grotta" genannt, geschmackvoll
die Inneneinrichtung verändert und als Pension verpachtet.
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Etwas weiter oben im Breitenhau steht die Villa "Ursula", von Kommerzienrat Richter erbaut und nach seiner Tochter benannt. Fontane erwähnt sie im Zusammenhang mit einem Besuch bei Treutler. Auch nimmt er den Bau als Anlass, um über gesunde Wohnverhältnisse in Krummhübel zu urteilen. Am 11. Oktober 1886 schreibt er: "Auch oben auf Breitenhau, wo Richters ihre neue Villa bauen, ist es nichts weniger als gesund; Gesundheitswohnungen sind dort nur dann, wenn man die Häuser, hoch- unterwölbt, wie auf Stadtbahnbogen baut. Die Römer wissen recht gut, was sie thun, wenn sie sich für die Wohnungen im 3. Stock die besten Preise bezahlen lassen".
Geht man nun den Weg zurück zur Chaussee
und dort weiter nach Ober-Krummhübel kommt man am Haus Nr. 118, der Villa "Silesia"
vorbei. Das Haus ist nur insofern interessant, da Schiller dieses Haus zwei
Jahre nach dem Fontane-Besuch gebaut hat. Dieses Haus steht noch, es wurde vor
ca. 5 Jahren restauriert.
Etwas weiter zweigt rechts ein kleiner Fußweg zur Großen Lomnitz ab. Man erreicht
auf ihm das Alexandrinenbad, die Nr. 108. 1884 erfahren wir wie es damals im
"Alexandrinenbad" aussah, wo Fontane noch den Abend vorher bei Schwerins
verbracht hatte: "Seitental, nur zwei Villen, Springbrunnen, Stille"
("und die Bergkegel kucken von oben her herein").
Als er sich 1886 nach langem Zögern wieder entschließt nach Krummhübel zu fahren,
bemängelt er viel. "Alles was zu beiden Seiten der Hauptstraße liegt, das
"Tannicht", die "Neun Häuser" und das "Alexandrinenbad"
mit seiner Feuchtigkeit und seinen Pilzen ist für Fontane eben nur "stänkrig
oder muffig oder kellrig und das ganze Gegenteil von frischer Luft".
Heute fehlt zwar die schöne Garten- oder Parkanlage mit der Fontäne in der Mitte,
aber ansonsten machen die Gebäude einen sehr gepflegten Eindruck.
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[1] "Ja sogar melken konnte sie…..so wahr ich hier stehe!"