Theodor Fontane in Krummhübel

Ein Spaziergang auf den Spuren Fontanes von der Villa "Viola" zur Brodtbaude

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig

– Fortsetzung –

Wenden wir uns nach links kommen wir zum Haus Nr. 84, damals Haus Schiller. Fontane hatte sich 1886 spät für Krummhübel entschieden, daher waren alle Quartiere besetzt. Friedlaender hatte ihm dann noch das neue Quartier besorgt. Besitzer war Gustav Schiller, von Beruf Maurer. Seine Frau war später Handarbeitslehrerin in Krummhübel. In diesem Jahr war es noch "windig und kalt", so dass der Aufenthalt im Hause an der Großen Lomnitz nicht so recht gemütlich werden wollte. Mehrmals am Tage musste Frau Schiller heizen. In einem Brief vom 24. Juni heißt es: "Mit der Arbeit am Fenster geht es leidlich". Eine Anspielung auf die bedrängten Raumverhältnisse.

Fontane war sehr unzufrieden. Eingeweihte wussten, dass die "Villa Schiller" zu den schlichten Anwesen des Dorfes zählte, bar jeder Bequemlichkeit, auch wenn sie, wie der Meister gespöttelt hatte, bereits "durch einen Reichsgerichtsrat ihre Weihe erhalten hatte ..." (gemeint war Dr. Hermann von Graevenitz, Reichstagsabgeordneter, ein damals oft genannter Politiker).



Villa Schiller, später Fleiß, in der Mitte der "Koppenbriefträger", nach 1900

Sein Urteil über die Wohnung: "Meine kleine Holzkammer ist ein Brutofen, ein, unterm Blechdach; der Salon unten einfach ein multriger Kartoffelkeller ist". "Die Wohnung ist nur gut an einem hellen, frischen, kühlen und zugleich sonnigen Herbsttage".

In einem Brief vom 11. Oktobner 1886 ärgert er sich noch über Vielerlei. Er schreibt vom "bedrückenden Wetter" und der, "für meine Bedürfnisse ganz unpassenden Wohnung". Als er krank wird, heißt das Haus "Schillerhospital".

Die Wirtsleute kommen noch gut weg, nach Schreibers werden nun auch Schillers als "liebe, gute Leute" geschildert. Was indessen der "Schiller-Mäuer" über seinen berühmten Hausgenossen so bildhaft zu erzählen wusste, wann immer er nach dessen Arbeitsweise ausgeforscht wurde, kann nur noch ungefähr wiedergegeben werden. Reitzig hat es aufgezeichnet:

"Dar Fontane", pflegte er zu sagen, "darhoat immer ei der Veranda geoarbeitet. Oaber vurher, do hoat er oalle rausgeschmissa aus`m Hause, dodermitte er senne Ruhe hoate zum Oarbeeta. Und dann hoar er oalle Fliega tutgeschloan, doa ließ er au nich ane eenzige iebrig. Doderzune hoatte er sich extra ane Fliegakloatsche gekeeft. Und wenn er vum Oarbeeta koam do stoanda ihm die oadern a su dicke an bloo uff der Stirne, ich soag Ihn a su dicke …" [1]

Mit dem Haus hat es noch eine weitere Bewandtnis. Zwei Jahre nach dem Fontane-Aufenthalt verkaufte Schiller das Haus an Wilhelm Fleiß, der das Dachgeschoss ausbaute, um mehr Wohnraum zu schaffen. War das Haus schon vorher nicht besonders attraktiv, jetzt war ein unförmiger Kastenbau daraus geworden. Dessen ungeachtet bin ich in diesem Haus, 52 Jahre nach dem Aufenthalt von Fontane, geboren. Das Haus ist noch bewohnt, macht aber einen sehr desolaten Eindruck.



Ehemals Haus Fleiß 2011

Jetzt gehen wir den Neuhäuser ein paar hundert Meter nach oben und biegen links in einen kleinen Weg ein, der uns wieder zur Chaussee bringt.

Gleich rechts das zweite Haus, die Nr. 135, gehörte dem Fleischer Gräbel.

Meister Heinrich Gräbels vorzüglicher Schinken hatte es Fontane so angetan, dass man von Berlin aus eine Bestellung aufgab. Aber Gräbel hat sich einfach nicht gerührt. Nun sollte es Frau Friedlaender übernehmen, "Freund Gräbels Herz" durch die Mitteilung zu erwärmen, "das selbst Westfalen gegen Gräbel verschwindet" ...(!) Davon wollten sich Fontanes acht Tage früher in Münster überzeugt haben. Das will schon etwas heißen ... Es hat aber alles nichts genützt, der Schinken kam nie in Berlin an.

Fleischerei Gräbel nach 1900
Ehemals Gräbel 2011

Von der Chaussee führt ein kleiner Weg in Richtung Gehänge. Dort befindet sich das Haus Nr. 57 von Johannes Maywald, später Haus Güttler. Bei ihm wohnte Fontane mit hoher Wahrscheinlichkeit bei seinem ersten Aufenthalt in Krummhübel im Jahr 1872.

Auch dieses Haus wird noch als Wohnhaus genutzt, bedarf aber dringend einer Renovierung.



Ehemals Maywald, später Güttler, 2011

Geht man den Gehängeweg weiter nach oben, kommt man auf die sogenannte Meerganswiese, auf der das Haus Nr. 60, Haus Meergans steht, das Dominizil für den Urlaub im Jahr 1887.



Haus Meergans zur Zeit Fontanes



[1] "Der Fontane", pflegte er zu sagen, "der hat immer in der Veranda gearbeitet. Aber vorher da hat er alle rausgeschmissen aus dem Hause, damit er seine Ruhe hatte zum arbeiten. Und dann hat er alle Fliegen tot geschlagen, da ließ er auch keine einzige übrig. Dazu hatte er sich extra eine Fliegenklatsche gekauft. Und wenn er vom Arbeiten kam da standen ihm die Adern so dicke und blau auf der Stirne, ich sage ihnen so dicke..."

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