von Karl-Heinz Drescher, Leipzig
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Dieses Vorhaben wurde im nächsten
Jahr Wirklichkeit. Im ersten Brief an seine Frau berichtet er, dass die "guten
Schreibers" ihn sehr liebenswürdig empfangen hätten. Sogar der Arbeitstisch
habe schon wieder am Fenster gestanden, so wie er es sich im Vorjahr wünschte.
Fontane hat an diesen Tagen fleißig gearbeitet, nur mit seinen neuen Roman,
der einmal "Quitt" heißen wird, kommt er nicht so recht voran. Auch
nicht, nachdem Lehrer Lösche, die Vorgänge um den Tod von Förster Frey nochmals
vorgetragen hatte. Ansonsten ist der immer etwas kritische Dichter mit seinem
Aufenthalt sehr zufrieden. In einem Brief an Amtsgerichtsrat G. Friedlaender
schreibt er u.a. "Hier ist es herrlich, trotzdem manches recht schlecht
ist. Aber Luft, Luft! Ich lebe fast davon".
Aus den Familienbriefen Fontanes ist zu erkennen, wie herzlich das Verhältnis
des Dichters zu seinen Krummhübler Wirtsleuten war. Der stets besorgten Mutter
Schreiber hat der berühmte Gast noch durch viele Jahre ein gutes Gedenken bewahrt.
An einer Stelle eines Berichtes heißt es: "Alles erfreut mich und macht
es mir schwer, mich von dieser schönen Stelle zu trennen!"
Ganze sechszehn Wochen währte diesmal der Ferienaufenthalt. Obwohl es "seit
dem 15. Juni mit der himmlischen Ruhe einigermaßen vorbei ist, bei Schreibers
sind schon elf Gäste", so fühlten sich Fontanes wohl und wie zur Familie
gehörig.
Und es mag als Zeichen einer besonders herzlichen Verbundenheit gewertet werden,
wenn der betagte Dichter eines Abends bis nach Arnsdorf gelaufen war, um bei
Dr. Heidenheim Rat und Hilfe für Schreibers jüngsten Sohn zu erbitten, der seit
Tagen an schlimmen Zahnbeschwerden litt.
Auch dieses Haus steht noch und wird als Wohnhaus genutzt. Durch Um- und Anbauten
wurde es nur geringfügig verändert, nur baulich ist es total heruntergekommen.
Besitzer nach Julius Schreiber waren Fuhrunternehmer Gerber und Töpfer Probst.
Das Haus erhielt in dieser Zeit die Namen seiner neuen Besitzer. Im Volksmund
wurde es bis 1945 weiter als "Fontane-Haus" bezeichnet.
Etwas oberhalb, auf der linken Seite der Chaussee, befindet sich der Gerichtskretscham,
die Nr. 53. Zwar "als Gebäude erhalten", wie Udo Wörffel schreibt,
aber baulich dennoch wesentlich verändert. Bei günstigem Wetter unternahm Theodor
Fontane von seinem Quartier bei Julius Schreiber oft am frühen Morgen eine Wanderung.
"Beim Kretscham hinunter" auf einsamen Waldwegen, der Kleinen Lomnitz
entlang, bis zu seinem Lieblingsplatz, der Bank am Eingang zum Melzergrund,
über die er schrieb: "Morgens und abends sitze ich auf der Bank am Melzergrund
und verträume glückliche Stunden".
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Auch im Roman "Quitt" findet
der Kretscham häufige Erwähnung. Heute beherbergt er unter dem Namen "Bachus"
eine Pension mit Restaurant. Die Bank am Eingang zum Melzergrund gibt es nicht
mehr, auch die einsamen Waldwege sind verschwunden. Die Kleine Lomnitz rauscht
dort aber noch wie zu Zeiten Fontanes.
Gleich hinter dem Gerichtskretscham die Katholische Schule mit der Nr. 54. Im
"Quitt" nennt sie Fontane "Kapellchen". Die Glocke nennt
er "Bimmelglocke". Pünktlich mit dem Läuten ging er von Schreibers
aus zum Mittagsessen in die "Schneekoppe".
Vor dem Kretscham stand und steht das Haus Nr. 51, die Fleischerei Just. Fontane nennt ihn Jost. Der ehemalige Laden von Just diente bis vor wenigen Jahren noch als Fleisch- und Wurstverkaufsstelle. Danach wurden die Räume als Andenken-Geschäft genutzt.