Ein Besuch bei den Eismännern

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig.

Bearbeitet nach Berichten im "Wanderer im Riesengebirge" von 1883 und 1898.

Zu einer Zeit als die Winter auch im Riesengebirge noch richtige Winter waren, begann spätestens im Februar die Zeit der Eisgewinnung auf den Koppenteichen. Für Bierbrauer, Hoteliers, Fleischer etc. war das Koppeneis ein gefragter Artikel. Begünstigt durch die Existenz der bis Schmiedeberg reichenden Eisenbahn, ab 1895 bis Krummhübel, wurde die Eisgewinnung und der damit verbundene Handel von zwei Gesellschaften, von denen die eine den großen und die andere den kleinen Teich in Beschlag nahm, begonnen.

Die zahlreichen Arbeiter, die sich zum Teil aus den schlesischen Orten, zum Teil aus den böhmischen Bauden rekrutierten und diese körperlich schwere und keineswegs gefahrlose Arbeit ausübten, wurden die Eismänner genannt.

Für Winterurlauber und Neugierige ein Schauspiel der besonderen Art, besonders wenn die von der Südseite des Gebirges zur Arbeit kommenden böhmischen Arbeiter aus schwindeleregender Höhe des Koppenplanes, der Kürze der Entfernung wegen, direkt zur Tiefe des kleinen Teiches auf Schlitten niederfuhren.

Auch die Ortsgruppe Hirschberg des Riesengebirgsvereins bekundete ihr Interesse am Geschehen auf den Teichen und unternahm am 23. Mai 1898 eine längst geplante, aufgrund der Wetterunbilden im Gebirge oft verschobene, Partie nach dem großen und kleinen Teich.

Der "Wanderer im Riesengebirge" berichtete darüber u. a. folgendes:

"Eine Anzahl Hirschberger Herren begaben sich, vom besten Wetter begünstigt, mit dem 10-Uhrzug nach Krummhübel und stiegen nach kurzer Rast bei "Exner" (gemeint ist hier der Wirt vom Gasthof "Zur Schneekoppe", später dann Riesengebirgsheim) über die Schlingelbaude nach dem großen Teich empor, um die Eisgewinnung daselbst aus nächster Nähe zu besichtigen. Der Empfang daselbst war trotz des herrschenden eisigen Windes ein recht Warmer. Er bestand aus einem dreifachen Hoch der braven Eismänner auf den R.G.V.

Selbstredend wurde dafür ein in "wärmende" Getränke umzusetzender Obolus gespendet; auch ließen die Gäste ihrerseits wieder die Eismänner hochleben".


Verladung der Eisblöcke auf die Hörnerschlitten

Die Teichbaude am kleinen Teich, 1 183 m ü. M.

Die Gewinnung des Eises erfolgt nach folgenden Verfahren, heute würden wir wohl Technologie sagen:

Zunächst werden in das Eis mit einer Axt 10 cm tiefe parallele Riefen gehauen. Dann wird mit langen Sägen, deren unterer Teil sich im Wasser befindet und durch schwere Eisenstücke beschwert ist, in dieser Riefe entlang gesägt. Ist der Einschnitt lang genug, so wird der Block durch Axthiebe abgetrennt. Die Arbeiter packen nun den frei im Wasser schwimmenden und ca. 6 – 7 Zentner wiegenden Eisblock mit langen, vorn eckig umgebogenen eisernen Haken und ziehen ihn gegen die Eiskante hin. Zwei andere Arbeiter schieben einen hölzernen Pfosten mit dem einen Ende unter den Block; ein kräftiger Ruck und derselbe gleitet auf der Eisoberfläche dahin. Die Eisblöcke werden nun auf gewöhnliche Hörnerschlitten geladen und mit Stricken befestigt. Vorn am Schlitten befindet sich eine starke Leiste, welche eine Verschiebung verhindern soll. Während das Eis schon auf dem Schlitten liegt, wird die obere durch eingefrorenen Schnee minderwertige Schicht mit der Axt weg gehauen, so das nur solides Kerneis von stark bläulicher Farbe zur Abfuhr ins Tal gelangt. Vom Waldhaus, es lag an der Ortsgrenze zwischen Brückenberg und Krummhübel und später bei schwindender Schneehöhe vom Kretscham, später Hotel Rübezahl, wurde das Eis in Ladungen von 40 bis 50 Zentnern mit Wagen zum Bahnhof gebracht. Die Transporte gingen dann zumeist nach Breslau, aber auch Berliner Brauerein waren Abnehmer.

Den Gebirgsbewohnern wurde damit eine zwar kurze, doch recht lohnende Beschäftigung geboten. Einer der bekanntesten Eismänner war übrigens der legendäre Gebirgsbriefträger Robert Fleiß aus Krummhübel, der, als er bei der Post nach kurzem Intermezzo als Koppenbriefträger 1873 entlassen wurde, viele Winter hindurch, bis zu seiner Wiedereinstellung bei der Post, sein Geld auf den Teichen verdienen musste.

Die mit Sägen beschäftigten Arbeiter erhielte im Schnitt 2,50 Mk pro Tag. Schlittenfahrer erhielten pro Block ca. 1 Mk. Die Schlittenfahrer machten die Tour im Durchschnitt zweimal am Tag. Ihre Arbeit war die gefährlichste und es war größte Vorsicht geboten, um die schwere Last auf der teilweise steilen Rutschbahn sicher ins Tal zu bringen. Die Arbeiter auf den Teichen waren hingegen der Lawinengefahr ausgesetzt. Glücklicherweise sind nur wenige Unfälle in all den Jahren vorgekommen.

Im "Wanderer" können wir nun weiter lesen: "Hochbefriedigt von dem Gesehenen schieden die Teilnehmer der Partie vom großen Teich, um sich dem tiefer gelegenen kleinen Teich zuzuwenden, wo sich dasselbe Treiben dem Auge darbot. Hier beteiligten sich sogar Frauen an der harten Arbeit. Deutlich konnte man auch die zahlreich von den Teichrändern nieder gegangenen "Schneewächten" beobachten. Nach kurzer Rast in der sonst im Winter geschlossenen, aber der Eismänner wegen geöffneten Teichbaude stiegen die Teilnehmer zur Hampelbaude empor, von wo auf geliehenen Sportschlitten die Abfahrt nach Krummhübel erfolgte. Kurz nach 8 Uhr abends befanden sich Alle wieder wohlbehalten in Hirschberg".

Als nach dem I. Weltkrieg die Eisgewinnung eingestellt wurde, konnten die Teiche auch zunehmend für sportliche Veranstaltungen genutzt werden, wie Skijöring am großen Teich.

< Home >

© Copyright 2008, www.krummhuebel.de.vu / www.riesengebirgler.de