Zu einer Zeit als die Winter auch
im Riesengebirge noch richtige Winter waren, begann spätestens im Februar
die Zeit der Eisgewinnung auf den Koppenteichen. Für Bierbrauer, Hoteliers,
Fleischer etc. war das Koppeneis ein gefragter Artikel. Begünstigt durch
die Existenz der bis Schmiedeberg reichenden Eisenbahn, ab 1895 bis Krummhübel,
wurde die Eisgewinnung und der damit verbundene Handel von zwei Gesellschaften,
von denen die eine den großen und die andere den kleinen Teich in Beschlag
nahm, begonnen.
Die zahlreichen Arbeiter, die sich zum Teil aus den schlesischen Orten, zum
Teil aus den böhmischen Bauden rekrutierten und diese körperlich schwere
und keineswegs gefahrlose Arbeit ausübten, wurden die Eismänner genannt.
Für Winterurlauber und Neugierige ein Schauspiel der besonderen Art, besonders
wenn die von der Südseite des Gebirges zur Arbeit kommenden böhmischen
Arbeiter aus schwindeleregender Höhe des Koppenplanes, der Kürze der
Entfernung wegen, direkt zur Tiefe des kleinen Teiches auf Schlitten niederfuhren.
Auch die Ortsgruppe Hirschberg des Riesengebirgsvereins bekundete ihr Interesse
am Geschehen auf den Teichen und unternahm am 23. Mai 1898 eine längst
geplante, aufgrund der Wetterunbilden im Gebirge oft verschobene, Partie nach
dem großen und kleinen Teich.
Der "Wanderer im Riesengebirge" berichtete darüber u. a. folgendes:
"Eine Anzahl Hirschberger Herren begaben sich, vom besten Wetter begünstigt,
mit dem 10-Uhrzug nach Krummhübel und stiegen nach kurzer Rast bei "Exner"
(gemeint ist hier der Wirt vom Gasthof "Zur Schneekoppe", später
dann Riesengebirgsheim) über die Schlingelbaude nach dem großen Teich
empor, um die Eisgewinnung daselbst aus nächster Nähe zu besichtigen.
Der Empfang daselbst war trotz des herrschenden eisigen Windes ein recht Warmer.
Er bestand aus einem dreifachen Hoch der braven Eismänner auf den R.G.V.
Selbstredend wurde dafür ein in "wärmende" Getränke
umzusetzender Obolus gespendet; auch ließen die Gäste ihrerseits
wieder die Eismänner hochleben".
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Verladung der Eisblöcke auf die Hörnerschlitten |
Die Teichbaude am kleinen Teich, 1 183 m ü. M. |
Die Gewinnung des Eises erfolgt nach folgenden Verfahren, heute würden
wir wohl Technologie sagen:
Zunächst werden in das Eis mit einer Axt 10 cm tiefe parallele Riefen gehauen.
Dann wird mit langen Sägen, deren unterer Teil sich im Wasser befindet
und durch schwere Eisenstücke beschwert ist, in dieser Riefe entlang gesägt.
Ist der Einschnitt lang genug, so wird der Block durch Axthiebe abgetrennt.
Die Arbeiter packen nun den frei im Wasser schwimmenden und ca. 6 7 Zentner
wiegenden Eisblock mit langen, vorn eckig umgebogenen eisernen Haken und ziehen
ihn gegen die Eiskante hin. Zwei andere Arbeiter schieben einen hölzernen
Pfosten mit dem einen Ende unter den Block; ein kräftiger Ruck und derselbe
gleitet auf der Eisoberfläche dahin. Die Eisblöcke werden nun auf
gewöhnliche Hörnerschlitten geladen und mit Stricken befestigt. Vorn
am Schlitten befindet sich eine starke Leiste, welche eine Verschiebung verhindern
soll. Während das Eis schon auf dem Schlitten liegt, wird die obere durch
eingefrorenen Schnee minderwertige Schicht mit der Axt weg gehauen, so das nur
solides Kerneis von stark bläulicher Farbe zur Abfuhr ins Tal gelangt.
Vom Waldhaus, es lag an der Ortsgrenze zwischen Brückenberg und Krummhübel
und später bei schwindender Schneehöhe vom Kretscham, später
Hotel Rübezahl, wurde das Eis in Ladungen von 40 bis 50 Zentnern mit Wagen
zum Bahnhof gebracht. Die Transporte gingen dann zumeist nach Breslau, aber
auch Berliner Brauerein waren Abnehmer.
Den Gebirgsbewohnern wurde damit eine zwar kurze, doch recht lohnende Beschäftigung
geboten. Einer der bekanntesten Eismänner war übrigens der legendäre
Gebirgsbriefträger Robert Fleiß aus Krummhübel, der, als er
bei der Post nach kurzem Intermezzo als Koppenbriefträger 1873 entlassen
wurde, viele Winter hindurch, bis zu seiner Wiedereinstellung bei der Post,
sein Geld auf den Teichen verdienen musste.
Die mit Sägen beschäftigten Arbeiter erhielte im Schnitt 2,50 Mk pro
Tag. Schlittenfahrer erhielten pro Block ca. 1 Mk. Die Schlittenfahrer machten
die Tour im Durchschnitt zweimal am Tag. Ihre Arbeit war die gefährlichste
und es war größte Vorsicht geboten, um die schwere Last auf der teilweise
steilen Rutschbahn sicher ins Tal zu bringen. Die Arbeiter auf den Teichen waren
hingegen der Lawinengefahr ausgesetzt. Glücklicherweise sind nur wenige
Unfälle in all den Jahren vorgekommen.
Im "Wanderer" können wir nun weiter lesen: "Hochbefriedigt
von dem Gesehenen schieden die Teilnehmer der Partie vom großen Teich,
um sich dem tiefer gelegenen kleinen Teich zuzuwenden, wo sich dasselbe Treiben
dem Auge darbot. Hier beteiligten sich sogar Frauen an der harten Arbeit. Deutlich
konnte man auch die zahlreich von den Teichrändern nieder gegangenen "Schneewächten"
beobachten. Nach kurzer Rast in der sonst im Winter geschlossenen, aber der
Eismänner wegen geöffneten Teichbaude stiegen die Teilnehmer zur Hampelbaude
empor, von wo auf geliehenen Sportschlitten die Abfahrt nach Krummhübel
erfolgte. Kurz nach 8 Uhr abends befanden sich Alle wieder wohlbehalten in Hirschberg".
Als nach dem I. Weltkrieg die Eisgewinnung eingestellt wurde, konnten die Teiche auch zunehmend für sportliche Veranstaltungen genutzt werden, wie Skijöring am großen Teich.