Veröffentlicht in der "Schlesischen Bergwacht", März 2012.
Eingereicht von Herrn Karl-Heinz Drescher

Der Bote vor 180 Jahren

Krummhübel-Wolfshau-Buchwald-Hirschberg

von Karl-Heinz Drescher, Leipzig

– Fortsetzung –

Aus dem Verkauf ist wohl nichts geworden, denn Johann Gottlob Ermrich bleibt bis 1891 Besitzer. Nach Umbau wird es die Villa "Viktoria" im Besitz von Schuhmachermeister Robert Meergans.

"Das Neuhaus von Ende, Nr. 84 zu Krummhübel, wird mit einem halben Morgen Garten- und Ackerland verkauft. Taxpreis beträgt 64 Rthlr.
Das uneheliche Kind der Anna Rosina Großmann wird dazu vorgeladen.
Am 18. Nov. 1841, Vormittag 10 Uhr."




Haus Nr. 84, später Fleiss.

Damaliger Besitzer dieses Hauses im Neuhäuser war Schuhmacher Andreas Ende. Neuer Besitzer wurde ein August Weich. Später gehörte es der Familie Fleiß. 1938 wurde ich in diesem Haus geboren.

Das Laboranten-Handwerk lebt noch, davon zeugt nachstehende Anzeige:

"Laboranten- Anzeige

Da ich gesonnen bin, in Zukunft die Jahrmärkte in der Kreisstadt Landeshut mit meinen Präparaten zu besuchen, so empfehle ich mich einem geehrten Publikum zum nächsten Jahrmarkte, den 20. Januar 1845, mit der Bemerkung, daß mein Stand vor dem Rathause sein wird."

Teichmann
concessionirter Laborant aus Krummhübel am
Riesengebirge"

Weitaus schlechtere Nachrichten kommen aus dem benachbarten Wolfshau, damals zur Gemeinde Gebirgsbauden gehörend.

Folgende zwei Anzeigen im Boten belegen dies:

"Revier-Förster Seiffert teilt mit, dass sich sein Sohn, der Handlungsdiener
Friedrich August Seiffert, gegen seinen Willen von ihm getrennt hat. Er warnt davor, dass er sich auf seinen Namen Geld borgt.
Wolfshau, 4. Aug. 1840."

"Aus dem Arrest in Schmiedeberg ist der 29 Jahre alte in Wolfshau geborene und in Landeshut bzw. Schmiedeberg wohnende Samuel Linke ausgebrochen. Er saß wegen Straßenraub und gewaltsamen Einbrüchen in Schlesien und Böhmen ein. Rel.: evangelisch Beruf: Branntweinbrenner und Pascher. Mit ihm entflohen: Johann Ehrenfried Krause aus Erdmannsdorf. 28 Jahre alt, von Beruf Tagelöhner.
17. März 1836."

Weinbrandbrenner als Beruf ist hinnehmbar, aber Pascher?
Erst 5 Jahre später wird Krause in den Wiesenhäusern zu Blumendorf verhaftet. Es gab ein Kopfgeld von 50 Rthlr. Eine Erfolgsmeldung, den Linke betreffend, fehlt.

Auch aus dem etwas weiter entfernten Buchwald gibt es auch nichts Gutes zu berichten. Zwei Diebstahls-Anzeigen sind es die, die Gemüter erhitzten:

"In der Nacht vom 12. Zum 13. D. M. sind mir durch gewaltsamen Einbruch von drei schwarz verlarvten Männern in weißen Mänteln und weißen Filzschuhen
aus meiner Schlafstube gestohlen worden; 150 Rthlr. In ½ und ¼ Stücken, 5 Stück Friedrichstaler, einen doppelten geöhrten Ducaten mit einem
gewundenen Kranz und einer Weintraube, welche unten daran hängt. Auf dem Dukaten steht die Jahreszahl 1815.
Eine zweigehäusige silberne Taschenuhr mit einer Kapsel. Das äußere Gehäuse ebenfalls von Silber. Auf dem Zifferblatt (mit römischen Zahlen) unter der Zahl
XII. stehen die Buchstaben G. L. und eine silberne Kette, pptr. 2 ½ Elle lang. Sollte Jemanden diese Uhr oder der Dukaten angeboten werden, so bitte ich ergebenst, mir sogleich Anzeige davon zu machen.

Buchwald bei Schmiedeberg, den 17. Dez. 1827  George
 
Brauermeister"




Brauerei und Schloss Buchwald.

Im Dezember lag wahrscheinlich Schnee, daher die weißen Mäntel und Filzschuhe. Aber woher hat Brauermeister George diese Kenntnis der Maskerade?
Auch die Herrschaft von Buchwald, die damals "von Reden" hieß blieb vor Einbrüchen nicht verschont, wie die nächste Anzeige zeigt:

"Durch gewaltsamen Einbruch sind in der Nacht vom 6. auf den 7. November, aus dem einen Seiten-Kabinett des Pavillons zu Buchwald bei Schmiedeberg folgende Sachen gestohlen worden:
1) Eine astronomische Wand-Uhr mit Emaille Zifferblatt, worauf der Name (Klemeyer Berlin) mit deutschen Ziffern, einem vergoldeten Stunden- und Minuten-, und einem schwarzen stählernen Secunden-Zeiger, und wird auf dem Zifferblatt aufgezogen, mit einem bleiernen Gewicht, welches an einer messingenen Rolle hängt, wodurch eine Darmschnur ging, der Perpendicul ist von Messing.
2) Ein Höhvermessungs-Barometer auf Mahagoniholz, oben der Name (Rennert Berlin) mit einem Thermometer, darüber stehend: d. Luc.
3) Eine runde Tafel von Messing-Composition mit einem beweglichen biogleven Lineal von Messing 16 Zoll Rhein im Durchmesser. Darauf ist der Gebirgs-Horizont, von dem Warthe-Thurm in Buchwald aus berechnet, graviert von Mendelsohn, bestehend in drei Kreis-Linien, zwischen und ober denen, die Hauptpunkte von den Anlagen, so wie die Höhen des Gebirges und der Ortschaften im Thale bezeichnet sind.
4) Den Nanking von den Sitz- und Rückenkissen eines Diwans.
Da an der Wiedererlangung dieser Sachen sehr viel gelegen ist, so werden alle wohllöblichen Polizei-Behörden, Uhr- und Instrumentenmacher, Zinn- und Metall- Gießer, hiermit und ergebest ersucht, im Fall einer Entdeckung dem Domini Buchwald, gegen Erstattung aller Kosten, gefällige Anzeige zu machen.
Buchwald, den 7. November 1830."

Ob die Diebe je ergriffen wurden ist unklar. Im "Boten" jedenfalls erscheint keine diesbezügliche Erfolgsmeldung.

Neben einem umfangreichen politischen Teil in deren Mittelpunkt die Monarchien Preußens und Europas stehen, gibt es in der Zeitung mehrere Seiten der verschiedensten Werbe-Anzeigen. Im Mittelpunkt steht dort der Mittelstand der Stadt Hirschberg, woher, natürlich entsprechend der Einwohnerzahl, auch die meisten Leser kamen. Auf jeden Fall wusste man schon damals die Zeitung ordentlich zu vermarkten.

Einer der fleißigsten Inserenten in diesen Jahren ist der Weinhändler Kahl aus der Kürschner-Laube. Phänomenal, was die Vielzahl seiner Waren betrifft, die jeden Supermarkt unserer Zeit zur Ehre gereichten.

Aus heutiger Sicht kommt es dabei zu oft kuriosen Annoncen, wie das einige Kostproben belegen:

"Feine Pariser Papier-Wäsche
Fertige Westen, ganze Vorleibchen mit breiten, fein geripten Busenkrausen, Doppel-
Busenkrausen, fein geripte Fraisen, Handmanschetten und Halskragen.

Räucher-Papier, Batistkragen, Chemisets mit eingewirkten Fältchen, Roßhaarbinden und
seidene Halsbinden mit Wiener Schleifen zum Schnallen, Glanz-Streusand.
Frische Neunaugen,

Fliessenden Caviar, Amsterdamer Fett- Heringe, marinirte Heringe, geräucherten und
marinierten Lachs, marinierten Aal, Spick- Aal, auch Heringe um 6 Pf. und 1 Sgr.,
Braunschweiger Wurst, Schömberger Würste, Schweizer Käse, zu jeder Zeit warmen Punsch
Empfiehlt zur gütigen Abnahme die Weinhandlung von
J. W. Kahl, Nr. 57/21 unter der
Kornlaube in Hirschberg (Korngewölbe Nr. 31)"

Privat- Anzeige:

"Englische Universial-Glanzwichse von Fleetwordt aus London, feines Jagd-, Scheiben-, wie auch Spreng-Pulver, Nacht-Lichter in Schachteln, Zündhölzer, Haarwuchs befördernde Pomade,  Zahnkitte, Pflaster für Hühneraugen, Wanzen- Vertilgungs- mittel, Neue Holländische Heringe, Schweizer Käse, Gardeser Citronen, Ungar-, Franz-, Rhein- und Mosel-Weine, verschiedene Sorten Rum und Spiritus.
Kahl´s Weinhandlung
Kürschnerlaube Nr. 11
22. Sept. 1831"

Auch die Konkurrenz schläft nicht und liegt voll im Trend der damaligen Zeit, auch wenn ihre Anzeigen, gemessen an denen von Kahl, fast bescheiden wirken:

Anzeige: "Neue Holländische Heringe, das Stück 3 Sgr., empfiehlt zu geneigter Abnahme
Die Weinhandlung von Carl W. Conrad.
Hirschberg, den 14. September 1830"

Anzeige: "Beste neue Heringe empfing und verkauft billigst die
Adolph`sche Weinhandlung"

Von Weinhandlungen erwartet man eigentlich ein umfangreiches Angebot von Produkten gleichen Namens, hier sind es zumeist Heringe und nicht nur aus Holland, wie aus weiteren, hier nicht veröffentlichten Anzeigen hervorgeht. Trotz aller Konkurrenz, Kahl ist der unumstrittene König der Werbung im "Boten" jener Jahre, wie auch die beiden nächsten Anzeigen beweisen:

"Kfm Kahl aus der Kürschner-Laube bietet an:
Frischen fließenden Caviar, Elbinger Neunaugen, Holländische Heringe, marinirte- und Brat-Heringe, Sardellen, Braunschweiger Wurst, Limburger und Schweizer Käse, verschiedene Sorten Rum, Brenn-Spiritus, Bischof- und Punsch-Essenz, Lomnitzer- und Stonsdorfer Bier"

"27. Dec. 1832
Bei Kahl sind: "Große frische Holsteiner Austern" in Schalen angekommen."




Kürschner-Laube, links früher "Kahl".

Unerreichtes und ächt bewährtes
Kräuter-Haaröl
Zur Verschönerung, Erhaltung und Wachsthum der Haare, zugleich auch ein vorzügliches
Mittel wider Kopfschmerzen und Schwindel, gefertigt E. G. Meier in Freiberg im Königreich Sachsen,
so wie auch ächt englisches Gichtpapier, empfiehlt zur geneigten Abnahme
Die Weinhandlung von Joh. Aug. Kahl
Kürschner-Laube Nro. 11"

Immerhin gibt es mit Stonsdorfer Bier bereits ein einheimisches Produkt, welches der bayrischen Konkurrenz erfolgreich Paroli bieten konnte. Schlesische Biere, besonders Biere die in den Gebirgs-Bauden zuvor gebraut wurden, galten als fast ungenießbar. In Stonsdorf konnte man durch Qualitätsbier nach bayrischem Vorbild den Trend stoppen. Es war zu jener Zeit ein unbeschriebenes Gesetz, dass sich Wandergruppen, welche ins Hochgebirge und auf die Riesenkoppe wanderten wollten, sich zuvor in der Brauerei Stonsdorf einfanden, um sich an dem köstlichen Getränk für den weiteren Weg zu stärkten. Der "Stonsdorfer Körner" stand wohl noch nicht so hoch im Kurs.

< Home >

© Copyright 2012, www.krummhuebel.de.vu / www.riesengebirgler.de